Berlin. Vor zehn Jahren ist Superstar Michael Jackson gestorben. Immer wieder neue Pädophilie-Vorwürfe trüben den Blick auf sein Lebenswerk.

Unter normalen Umständen wäre der heutige Dienstag ein Hochamt für Amerikas Fernsehsender geworden. Todestage von Mega-Stars, noch dazu, wenn es der zehnte ist, sind wie gemacht, um mit quotenträchtigen Sondersendungen die Nostalgie-Muskeln des Publikums zu massieren.

Bei Michael Jackson liegen die Dinge anders. Der „King of Pop“, zu Lebzeiten stilbildender wie weltumspannender Konsensliebling der Pop konsumierenden Gemeinde und am 25. Juni 2009 im Schlafzimmer seiner Villa in Los Angeles an den Folgen einer Überdosis des Narkosemittels Propofol gestorben, löst posthum keinen Gedenkzirkus im XXL-Maßstab aus.

Seit im Frühjahr der umstrittene Film „Leaving Neverland“ anhand der Schicksale von Wade Robson (36) und James Safechuck (41) „Mr. Moonwalk“ des wiederholten sexuellen und psychischen Missbrauchs von Minderjährigen bezichtigt hat, sind die meisten Programmverantwortlichen auf Distanz gegangen.

Michael Jackson – Zum Jahrestag wird ihm wenig Ehre zuteil

Michael Jackson im Jahr 2005. Foto: Gene Blevins/ Reuters
Michael Jackson im Jahr 2005. Foto: Gene Blevins/ Reuters © Gene Blevins/ Reuters

Wie toxisch der nur 50 Jahre alt gewordene Sänger, Komponist und Tänzer derzeit ist, zeigt eine Fußnote. Für die am gleichen Tag ihrer langen Krebserkrankung erlegene Schauspielerin Farrah Fawcett („Drei Engel für Charlie“) spendierte der Sender ABC neulich zur besten Sendezeit ein zweistündiges Special.

Michael Jackson wird diese Ehre aller Voraussicht nach nicht zuteil. Stattdessen wird der Discovery-Kanal auch in Deutschland ein einstündiges Werk mit dem brutalen Titel „Killing Michael Jackson“ ausstrahlen. Darin spielt das künstlerische Werk des in Gary/Indiana geborenen Stars keine Rolle. Auftreten werden indes Orlando Martinez, Dan Myers und Scott Smith. Das Trio war damals im Auftrag der Polizei von Los Angeles intensiv mit den Ermittlungen zu den Todesumständen beschäftigt, die noch heute Verschwörungstheoretikern Nahrung geben.

Allen voran Paris Jackson. Die Tochter gehört wie auch andere im Familienclan, der an Michael Jackson reich geworden ist, zu jenen, die den damals behandelnden Arzt Conrad Murray zwar verantwortlich machen für den tödlichen Konsum eines Präparats, das für gewöhnlich nur in Operationssälen als Narkosemittel verabreicht wird. Dahinter stecke aber mehr, sagte die junge Frau in einem Interview mit dem Magazin „Rolling Stone“.

Jackson nahm diverse Beruhigungsmittel und Propofol

„Mein Vater wurde ermordet. Er machte manchmal dunkle Andeutungen, dass gewisse Leute hinter ihm her seien. Einmal murmelte er so was wie: ‚Eines Tages werden sie mich um die Ecke bringen.‘“ Unterdessen sorgen die gerichtlich gesicherten Fakten rund um das Ableben Jacksons weiter für Gesprächsstoff. Um die mit hohem finanziellen Eigenaufwand des Sängers vorbereitete „This Is It“-Tournee zu überstehen, hatte Jackson für ein sechsstelliges monatliches Honorar Murray angestellt.

Hauptaufgabe des Mediziners war es, Jacksons Schlafstörungen zu lindern. Er tat dies über Wochen mittels diverser Beruhigungsmittel und Propofol, eine weiße Flüssigkeit, die Jackson „meine Milch“ nannte. Am 25. Juni ging die später von Experten als „falsch und unethisch“ bezeichnete Therapie schief. Murray wurde der Prozess gemacht. Er beteuerte: „Ich habe nichts Falsches gemacht.“

Die Geschworenen sahen das anders. Vier Jahre Gefängnis lautete das Urteil. Davon saß der Kardiologe zwei ab. Bis heute gilt das Fazit von Staatsanwalt David Walgren. Michael Jackson habe sein Leben „wortwörtlich in die Hände Conrad Murrays gelegt“. Das „falsch in ihn gesetzte Vertrauen“ habe den vielleicht größten Popstar des 20. Jahrhunderts das Leben gekostet.