Sydney. Drei Segler sind vor der australischen Küste in Seenot geraten. Ein aggressives Meerestier griff ihr Boot an. Es war kein Weißer Hai.

  • Vor Australien sind drei Segler in Seenot geraten
  • Ihr Boot wurde von Haien angegriffen
  • Da es sich dabei um einen aufblasbaren Katamaran handelte, sank dieser

In lokalen australischen Medien war diese Woche die Rede von mehreren Haiangriffen auf ein Boot. Details gab es zunächst wenige, nur dass die drei betroffenen Segler von der Küstenwache gerettet werden konnten. „AMSA hat die Rettung von drei Menschen aus einem Katamaran im Korallenmeer koordiniert, nachdem der Rumpf ihres Schiffes durch mehrere Haiangriffe beschädigt worden war“, schrieb die Australian Maritime Safety Authority (AMSA) auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter).

Das Drama spielte sich vor der australischen Nordostküste ab. Das betroffene Boot war vom Pazifikstaat Vanuatu aus in See gestochen. Wer dabei jetzt an Weiße Haie denkt, die sich blutrünstig auf ein Boot stürzten, der liegt allerdings falsch. Am Donnerstag stellte sich heraus, der verantwortliche Hai war ein sogenannter Zigarrenhai (Isistius brasiliensis), der zur Familie der Dornhaie (Squalidae) gehört, und gerade mal 40 Zentimeter groß wird. Doch die scharfen Zähne des kleinen Hais reichten aus, dem Neun-Meter-Katamaran im wahrsten Sinne des Wortes „die Luft aus den Segeln“ zu nehmen.

Haiangriff in Australien: Notsignal wird mitten in der Nacht aktiviert

Passiert war das Folgende: Drei Segler – zwei Russen und ein Franzose, die sich auf einer Weltumseglung befinden – aktivierten am Mittwoch gegen 1.30 Uhr am Morgen ein Notsignal. AMSA koordinierte daraufhin die Rettung etwa 835 Kilometer vor der Küste von Cairns. In einem Post auf Instagram schrieb die Besatzung, dass sie am 4. September zum ersten Mal von Haien angegriffen worden sei. Dabei sei der hintere linke Teil des aufblasbaren Katamarans beschädigt worden – und bereits „vollständig unter Wasser“ gewesen. Trotzdem seien sie zu diesem Zeitpunkt noch weitergesegelt.

Ein von der Australian Maritime Safety Authority bereitgestelltes Bild zeigt den aufblasbaren Katamaran im Korallenmeer, 800 km südöstlich von Cairns in Queensland.
Ein von der Australian Maritime Safety Authority bereitgestelltes Bild zeigt den aufblasbaren Katamaran im Korallenmeer, 800 km südöstlich von Cairns in Queensland. © dpa | Uncredited

Am nächsten Tag wurde der Katamaran dann jedoch erneut von Haien angegriffen. Dieses Mal wurde nun auch der rechte „Ballon“ beschädigt. „Der Katamaran verlor das Gleichgewicht und begann zu sinken“, schrieb das Trio auf dem sozialen Medium. Daraufhin hätten sie dann das SOS-Signal abgesetzt. Die australische Küstenwache koordinierte die Rettung und innerhalb von nur 45 Minuten nahm ein Frachtschiff die Besatzung auf. Die Geretteten – die Sibirier Evgeny Kovalevsky und Stanislav Beryozkin sowie Vincent Garate aus Frankreich – trafen am Donnerstag nun in Australien ein.

Dem Boot ist beim Angriff sprichwörtlich „die Luft ausgegangen“

Die Weltumsegler waren einst vor mehr als zwei Jahren von Sankt Petersburg aus gestartet. Während der Fahrt musste die Crew das aufblasbare Boot schon einmal austauschen. Auch damals war das Schiff vor Tahiti von Haien beschädigt worden. Auch das neue Boot geriet nun wegen der Raubfische in Probleme, doch anfänglich war nicht bekannt gewesen, welche Spezies genau den aktuellen Katamaran in Schwierigkeiten brachte. Am Donnerstag berichtete der australische Sender ABC dann aber, dass es sich wohl um einen sogenannten Zigarrenhai gehandelt habe.

Ein Zigarrenhai (Isistius brasiliensis) wie dieser hat vor Australien einen Katamaran zum Kentern gebracht. Mit ihren scharfen Zähnen können die etwa 40cm großen Haie einigen Schaden anrichten.
Ein Zigarrenhai (Isistius brasiliensis) wie dieser hat vor Australien einen Katamaran zum Kentern gebracht. Mit ihren scharfen Zähnen können die etwa 40cm großen Haie einigen Schaden anrichten. © Flickr/NOAA Photo Library

Zigarrenhaie sind relativ kleine Tiere, die normalerweise nur um die 40 Zentimeter groß werden, wie Daryl McPhee, ein außerordentlicher Professor für Umweltwissenschaften an der Bond University in Australien, dem Sender sagte. Die Tiere hätten es häufig auf große Beutetiere, darunter Wale und große Fische, abgesehen, die sie anbeißen und „keksgroße“ Stücke aus ihrem Körper reißen. Letzteres hat ihnen den Namen „Cookiecutter Shark“ im Englischen verliehen. Ein „Cookiecutter“ ist ein Keksausstecher.

Raubtiere nagen auch U-Boote und Unterseekabel an

Die großen Beutetiere erklären vielleicht auch, warum der kleine Hai seine scharfen Zähne an dem Boot getestet hat. McPhee hält es für möglich, dass der Raubfisch den Bootsrumpf mit einem Wal- oder Delfinkadaver verwechselt haben könnte. Es habe schon häufiger Berichte gegeben, wonach die Tiere U-Boote oder auch Unterseekabel angebissen hätten, berichtete er. Laut des australischen Professors besitzen die kleinen Tiere eine „merkwürdige und etwas beängstigende Reihe von Zähnen“.

Obwohl die Zähne durchaus furchterregend wirken, sind die Haie normalerweise keine Gefahr für den Menschen. Von den wenigen registrierten Angriffen sei bisher keiner tödlich verlaufen, sagte McPhee. In Australien war zuletzt ein siebenjähriger Junge angegriffen und verletzt worden. Die Attacke ereignete sich 2017 auf Magnetic Island, einer Insel an der Nordostküste des Landes. Doch auch wenn Angriffe von Zigarrenhaien ausgesprochen selten sind – mit aufblasbaren Booten wie dem betroffenen Katamaran oder auch mit einem Schlauchboot könnten die Tiere relativ einfach „kurzen Prozess machen“, so McPhee.