Berlin. Eine Studie zeigt, wie die Deutschen über Nachhaltigkeit denken – und wie weit Anspruch und Realität oft auseinanderliegen.

Die Klimakrise spitzt sich zu. Schuld daran ist der menschengemachte Klimawandel, darüber sind sich Forscher weltweit einig. Und auch in der deutschen Gesellschaft ist längst angekommen, dass sich etwas ändern muss, wenn Wohlstand und Planet künftig erhalten bleiben sollen. Wie das zu schaffen ist, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander. Das zeigt eine neue Studie des Wuppertal Instituts in Zusammenarbeit mit der Plattform „Kleinanzeigen“, die am Donnerstag vorgestellt wurde und unserer Redaktion vorab vorlag.

Demnach ist die Kluft zwischen Umweltbewusstsein und entsprechend nachhaltigem Verhalten immer noch groß. 65 Prozent der Befragten mit positiver Umwelteinstellung verhalten sich nur gelegentlich, selten oder nie umweltfreundlich, heißt es da. Für die repräsentative Studie wurden 2454 Personen online befragt.

Überraschend: Gerade der jüngeren Generation Z ist Nachhaltigkeit im Vergleich zu vor zwei Jahren unwichtiger geworden (19 Prozent). Gleichsam nimmt unter den jüngeren Generationen Z und Y die Angst vor der Zukunft zu.

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Tierwohl, Artenvielfalt, Wohlbefinden – darum leben Menschen nachhaltig

Insgesamt findet sich die Angst vor der Zukunft bei den Gründen für ein nachhaltiges Leben allerdings nur auf Platz sechs wieder. Am wichtigsten ist den Menschen, Lebensräume und Artenvielfalt zu schützen (79 Prozent). Dahinter folgt das Tierwohl (77 Prozent) und das eigene Wohlbefinden (76 Prozent). Insbesondere die Beweggründe der geburtenstarken Boomer-Generation schlagen hier zu Buche.

Ob das Verhalten Einzelner überhaupt beim Umweltschutz hilft, da gehen die Meinungen auseinander. 47 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die Mühen Einzelner vergebens sind, wenn sich andere dem Umweltschutz verweigern. 28 Prozent glauben sogar, Einzelne hätten keinen Einfluss auf die Lösung von Umweltproblemen. Dem widersprechen 46 Prozent. Wenig überraschend denkt eine Mehrheit, die eigenen Mitmenschen sollten nachhaltiger leben (65 Prozent).

Politische Maßnahmen statt Einzelkampf: Auch hier herrscht Uneinigkeit

Politische Maßnahmen finden selten eine Mehrheit. Nur der Ausbau des Schienennetzes (72 Prozent), der Ausbau von Radwegen (68 Prozent) und ein Tempolimit auf der Autobahn (53 Prozent) sind mehrheitsfähig. Ein Ausbau-Stopp von Autobahnen findet nur die Unterstützung von 29 Prozent der Befragten. Auch die Erhöhung des Fleischpreises (36 Prozent) oder ein höherer CO₂-Preis für Unternehmen (42 Prozent) findet keine Mehrheit. Ein Verbrenner-Verbot ab 2030 lehnt sogar eine Mehrheit von 51 Prozent ab. Ebenso wie die Aktionen der „Letzten Generation“ (69 Prozent). Auch bei „Fridays For Future“ gehen die Meinungen mittlerweile auseinander: 28 Prozent befürworten deren Demonstrationen, 47 Prozent sind dagegen.

Regional gibt es jedoch auch hier Unterschiede. So ist zum Beispiel in Thüringen die Ablehnung gegen die Klimaproteste größer als im Rest des Landes. In Berlin hingegen ist der Zuspruch für Klimaaktivismus größer. Selbst die Aktionen der „Letzten Generation“, die in der Hauptstadt regelmäßig den Verkehr lahmlegen, finden noch bei 32 Prozent der Befragten Zuspruch – doppelt so viel, wie beim Durchschnitt. Befragte aus Hamburg befürworten tendenziell CO₂-einsparende Initiativen stärker als jene in ganz Deutschland: Verbrenner-Verbot, das Ende der fossilen Förderung (je + 14 Prozent). Auch ein höherer Fleischpreis (+ 8 Prozent) und ein Veggie Day (+ 6 Prozent) haben in der Hansestadt überdurchschnittlichen Zuspruch.