Rom. Edoardo Santini hat schon Schönheitswettbewerbe gewonnen. Doch seine Modelkarriere hängt er nun an den Nagel – und wird Priester.

Vom Model auf den Laufstegen der Modehauptstadt Mailand zum Priester: Der 21-jährige Edoardo Santini, der vor vier Jahren bei einem Wettbewerb zum schönsten Italiener gekürt worden war, zieht in ein Priesterseminar in Florenz. Schluss mit Mode, Tanz und dem Traum, Profi-Schauspieler zu werden – sein Leben will Santini ganz der Kirche widmen.

„Im Alter von 21 Jahren habe ich eine spirituelle Reise unternommen, um Priester zu werden, wenn Gott es will“, erklärt Santini in einem Video, das er in den sozialen Medien veröffentlichte. Seine Berufung kam nicht plötzlich. „Ich hatte Gelegenheit, junge Menschen kennenzulernen, die mir gezeigt haben, was es bedeutet, Kirche zu sein“, sagt der gebürtige Toskaner. „Sie gaben mir die Kraft, diesem Ruf zu folgen, den ich bereits seit meiner Kindheit in mir hatte, dem ich aber bisher aufgrund verschiedener Ängste nicht gefolgt bin.“

Vom Model zum Priester: „Ich gebe nicht alles auf“

Santini stammt aus Castelfiorentino, einer 17.000-Seelen-Gemeinde nahe Florenz. Sein Ziel war von klein auf ein Leben im Showbusiness. Auf Tanz, Schauspielerei und Modeln wird er künftig verzichten müssen, aber er verleugnet seine Vergangenheit nicht. „In diesen Jahren habe ich wunderbare Menschen kennengelernt, die mir so viel gegeben haben und mir erlaubt haben, Kunst zu leben“, erklärt Santini. „Ich gebe nicht alles auf, denn meine Leidenschaften sind Teil von mir und ich werde Kunst in anderen Kontexten vorstellen.“

Das ruhige Leben im Priesterseminar fürchtet er nicht. „Als ersten Schritt habe ich im vergangenen Jahr bei zwei Priestern gelebt, das war die schönste Erfahrung meines Lebens. Es war eine Erfahrung, die es mir ermöglichte, Brüder kennenzulernen und im Alltag die Antwort zu finden, auf die ich von oben gewartet habe“, so Santini weiter. Nach der Anfrage beim Bischof hat der junge Mann ein Theologiestudium begonnen und in zwei Pfarreien in der Diözese Florenz gedient.

„Werde ich Priester werden?“, fragt sich Santini selbst. „Ich weiß es nicht, ich bin hier, um es herauszufinden. Ich habe diesen Schritt unternommen, der mir Angst gemacht hat, der mich daran gehindert hat, ganz ich selbst zu sein.“ Er sei sich sicher, dass er diese Reise nicht bereuen werde.

Italien: Priesterberuf wird immer unbeliebter

Immer weniger junge Männer entscheiden sich für den Priesterberuf. In der größten katholischen Diözese Europas in Mailand hat sich die Zahl derer, die sich in der Ausbildung zum Priester befinden, in den vergangenen zehn Jahren annähernd halbiert. Demnach lebten im Studienjahr 2013/2014 noch 150 Theologiestudenten im Mailänder Priesterseminar, im laufenden Studienjahr 2022/2023 sind es 78.

Dennoch sind junge Priester in Italien beliebt. Seit 20 Jahren kommt in der Adventszeit ein Kalender auf den Markt, in dem jeden Monat ein gut aussehender Seminarist oder Pfarrer vor bekannten Kirchen und Monumenten in Rom abgebildet ist. Der „Calendario Romano“ enthält in vier Sprachen historische und praktische Informationen über den Vatikan und seine Museen. Die prägnanten Schwarz-Weiß-Fotos der jungen Priester sind das Resultat einer mehrmonatigen Arbeit des venezianischen Fotografen Piero Pazzi.

„Calendario Romano“: Kalender der hübschen Priester ist bei Frauen beliebt

„Warum ich junge Priester gewählt habe? Niemand hätte dem Bild eines alten Pfarrers Interesse geschenkt“, so der Fotograf. Pazzi ist wegen seiner Arbeit bereits international bekannt. In den vergangenen Jahren hatte er einen Kalender der Gondolieri in Venedig und der Stierkämpfer in Spanien veröffentlicht.

Der „Calendario Romano“ an einem Souvenirstand, im Hintergrund der Petersdom. Zum 20-jährigen Bestehen kommt nun heraus, was die meisten geahnt haben: Der Mann auf dem Deckblatt ist gar kein Geistlicher.
Der „Calendario Romano“ an einem Souvenirstand, im Hintergrund der Petersdom. Zum 20-jährigen Bestehen kommt nun heraus, was die meisten geahnt haben: Der Mann auf dem Deckblatt ist gar kein Geistlicher. © DPA Images | Christoph Sator

Einige Käuferinnen und Käufer zweifeln jedoch, dass die gut aussehenden Kalendermänner wirklich Priester sind und vermuten, dass der Fotograf Models abgebildet habe. Wie sich unlängst herausstellte, haben die Zweifler recht: So ist etwa der junge Man, der die Titelseite des Kalenders ziert, in Wahrheit kein Kleriker. Medienberichten zufolge handelt es sich um einen Sizilianer, der als Steward bei einer spanischen Fluggesellschaft arbeitet und vor zwanzig Jahren für den befreundeten Piero Pazzi modelte.

Dass es sich nicht bei allen Männern um wahrhaftige Priester handelt, dürfte den Verkaufszahlen des Kalenders keinen Abbruch tun: Acht Euro kostet der Kalender für 2024. Jahr für Jahr werden in Rom Zehntausende davon verkauft. Der Vatikan hatte bisher all die Jahre nichts gegen den „Calendario Romano“ einzuwenden. Von Seiten der Kirche wird allenfalls betont, dass es sich um eine „individuelle Initiative“ handle. mit dpa