Berlin. Kommissar Klaus Borowski überrascht im Kieler „Tatort“. In seinem vorletzten Fall spielt sich Axel Milberg noch einmal richtig frei.

Axel Milberg wird bekanntlich nächstes Jahr seinen Kriminaldauerdienst beim „Tatort“ quittieren. Es scheint, als ob die Kieler zum Schluss noch mal ganz experimentierfreudig werden. Die Folge „Borowski und der Wiedergänger“, schon der vorletzte Fall für Axel Milberg, fällt jedenfalls in jeder Hinsicht aus dem Rahmen.

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Das beginnt schon damit, dass Milbergs Kommissar Borowski erst nach 18 Minuten auftaucht. Und es auch gar keinen Toten gibt, sondern nur einen Vermissten. Der Fokus wird stattdessen, ähnlich wie in den ganz frühen „Tatort“-Folgen der 70er-Jahre, erst mal auf das soziale Umfeld gelegt. Und auf eine dysfunktionale Ehe. Und dann wird der Erzählfluss immer wieder durchbrochen durch Schwarzweißaufnahmen von Zeugen, die das bisher Geschehene bissig kommentieren.

„Tatort“-Kiel hält Überraschungsmomente bereit

Gleich anfangs sieht man eine Frau panisch vor Angst im Bett liegen. Sie hört Geräusche im Keller, nimmt eine schwere Glastrophäe und erschlägt damit einen vermeintlichen Einbrecher. In der nächsten Szene sieht man dann, wie diese Frau, Greta Exner (Cordelia Wegner), diese Preistrophäe erst entgegennimmt. Hier ist sie noch ganz selbstsicher, wird als Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet, auch wenn der Preis von der eigenen Mutter gestiftet ist und sie den Konzern der Eltern leitet. Eine Erfolgsfamilie, die ein First-Class-Leben führt.

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    Nur Gretas Mann Tobias (Pétur Óskar) passt da nicht ganz hinein. Ein Nichtstuer, der vom Geld der Familie lebt. Seine Frau auch ungeniert betrügt. Und mit einer Frau im Netz chattet und dabei auch Mordgedanken gegen seine Gattin hegt. Ohne zu wissen, dass diese Unbekannte seine Frau ist. Dann aber ist dieser Tobias plötzlich verschwunden. Der Moment, wo Borowski und seine Kollegin Sahin (Almila Bagriacik) ins Spiel kommen.

    Doch sie finden keine Spuren, keine Indizien, ob überhaupt ein Verbrechen begangen wurde. Und der eigene Chef (Thomas Kügel) rät, die Ermittlungen einzustellen. Nachdem er zuvor bei Exners Vater mit Cognac und Zigarren empfangen wurde. Und ja, das Kommissarsduo gibt auf. Abspann, und die Schlussmusik ertönt. Was? Wie? Nein, alles nur Finte. Der Krimi ist noch gar nicht vorbei. Greta Exner schaut nur einen „Tatort“ im Fernsehen.

    Einer der vielen erfrischenden Verfremdungseffekte, die diesen „Tatort“ so ungewöhnlich machen. Inszeniert wurde er von Andreas Kleinert, dessen Kinofilm „Lieber Thomas“ über Thomas Brasch vor drei Jahren zahlreiche Preise aufhäufte. Es ist schon sein dritter „Tatort“ mit Milberg, und wie schon in den vorherigen hat er wieder mit Drehbuchautor Sascha Arango gearbeitet.

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    Borowski wird darin wieder als der typische Grübler gezeigt, der sich in die Industriellenfamilie hineindenkt und die Spannungen untereinander auslotet. Wobei Greta Exner, die ihn ja wegen ihres vermissten Gatten gerufen hat, ganz offen mit ihm flirtet. Und er scheinbar willig darauf eingeht. Auch sonst überrascht Milbergs Kommissar, wenn er etwa eine Kameradrohne, die Sensationsjournalisten auf das Anwesen der reichen Dame steuern, einfach abschießt. Und das ganz offensichtlich genießt.

    Borowski und Sahin (Almila Bagriacik) geben nach einer Stunde auf. Eine der vielen falschen Fährten dieser Folge.
    Borowski und Sahin (Almila Bagriacik) geben nach einer Stunde auf. Eine der vielen falschen Fährten dieser Folge. © NDR/Thorsten Jander | Ard

    Es scheint, als ob sich der 67-jährige Milberg zum Ende noch mal richtig freispielt. Man darf gespannt sein auf die letzte Folge mit Borowski. „Borowski und das Haupt der Medusa“ wurde gerade abgedreht, wird aber erst im kommenden Jahr gesendet. Und natürlich hüllt sich Milberg erst mal in Schweigen.

    Der „Tatort: Borowski und der Wiedergänger“ läuft am Sonntag, 3. März, um 20.15 Uhr in der ARD und ist außerdem in der Mediathek zu sehen.