Oberhof. Die Sportmediziner beklagen Bewegungsmangel bei Kindern und mahnen zu Vorsicht bei Infekten. Wir sprachen mit Olaf Schlonski, Vorsitzender des Thüringer Sportärztebunds.

Aus vielen Regionen Deutschlands kommen an diesem Freitag bis Sonntag Sportmediziner zum nunmehr 26. Sporttraumatologischen Symposium in Oberhof zusammen. Veranstalter ist der Thüringer Sportärztebund, dessen Vorsitzender seit 2019 Olaf Schlonski ist. Wir sprachen mit dem 51-Jährigen, der Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am SRH-Klinikum Friedrichroda-Walterhausen ist.

Gast des Symposiums war im vergangenen Jahr Kristina Vogel, die mit den Schilderungen nach ihrem schlimmen Rad-Unfall und daraus resultierender Querschnittslähmung enorm berührt hatte. Kommt erneut ein Prominenter nach Oberhof?

Der Auftritt von Kristina Vogel, ihre Stärke, aber auch ihr Humor, waren wirklich sehr beeindruckend. In diesem Jahr ist Dirk Bauermann dabei. Der einstige Basketball-Bundestrainer spricht unter anderem über intelligente Trainingssteuerung.

Heilen durch Sport

Welche Themen stehen denn im Vordergrund der Tagung?

Es wird wieder ein Mix mit orthopädischen und internistischen Aspekten sein. Prävention und Diagnostik sind dabei ebenso wichtig geworden, wie die Therapie von Verletzungen oder Krankheiten, wobei wir noch intensiver als früher versuchen, durch Sport zu heilen.

Olaf Schlonski aus Jena ist seit 1. Oktober 2021 Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am srh Krankenhaus Waltershausen-Friedrichroda.
Olaf Schlonski aus Jena ist seit 1. Oktober 2021 Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am srh Krankenhaus Waltershausen-Friedrichroda. © Conny Möller

Wird einem Körperteil besondere Aufmerksamkeit zuteil?

Zum einen der Schulter, weil dort immer wieder Überlastungsschäden auftreten – gerade im Kraftsport oder Handball. Aber auch das Knie beachten wir gezielt – weil da vor allem Verletzungen bei Kindern zunehmen.

Bequemlichkeit im jungen Alter

Woran liegt das?

Oftmals an der mangelnden Bewegung. Ich kenne es noch aus meiner Zeit, dass wir nach der Schule auf dem Hof gebolzt haben, um die Wette gerannt, Rad gefahren oder auf die Bäume geklettert sind. Das ist heutzutage sehr selten geworden – die Konditionierung des Körpers, das Training der Muskeln fehlt. Schon im jungen Alter macht sich eine gewisse Bequemlichkeit breit, Kinder werden mit dem Auto zur Schule gebracht oder kommen mit dem E-Bike. Das ist aus medizinischer Sicht keine erfreuliche Entwicklung.

Also steht es nicht gut um die allgemeine Gesundheit der Kinder und Jugendlichen?

Die Fettleibigkeit hat zugenommen, die Pandemie das Ausmaß des Bewegungsmangels dabei noch verschlimmert. 80 Prozent aller Krankheiten in Deutschland werden dadurch hervorgerufen. Mehr als 25 Prozent der Heranwachsenden sind adipös und damit später besonders für Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Gelenk- und Gefäßerkrankungen gefährdet. Ohne körperliche Aktivität wächst diese Gruppe weiter an.

Sportliche Pause nach fieberhaftem Infekt

Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum plötzlichen Herztod scheinen vermehrt auch im Sport aufzutreten. Was machen die Sportmediziner dagegen?

Diese Thematik ist auch beim jetzigen Symposium vertreten. Es gibt einen Vortrag zum Belastungs-EKG, das wir als Vorsorge bei ambitionierten Freizeitsportlern, aber auch für Risikogruppen empfehlen. Wobei die sportmedizinische Untersuchung noch zu selten genutzt wird.

Immer wieder hört man von schweren Erkrankungen wegen verschleppter Infekte.

Das ist durch die Covid-Infektionen noch mehr ein wichtiges Thema geworden. Allgemein kann man raten, dass nach fieberhaften Infekten oder einer richtigen Virus-Grippe eine sportliche Pause eingehalten werden sollte: Zwei bis drei Tage bzw. rund eine Woche. Der Beginn sollte dabei mit moderater Intensität erfolgen, ohne große Belastung.

Fun-Sportarten immer populärer

Wie viele Sportmediziner gibt es eigentlich in Thüringen?

Rund 200, deutlich mehr als die Hälfte davon sind in unserem Verbund organisiert. Voraussetzung für die Bezeichnung Sportmediziner ist eine Facharztanerkennung und eine Zusatz-Weiterbildung. Die Sportmedizin muss sich jedenfalls ständig weiter entwickeln – erst recht durch die zunehmende Popularität von Fun-Sportarten.

Üben Sie für die eigene Betätigung auch eine aus?

Wenn Karate und Mountainbike also solche zählen, dann ja.