Berlin. „Sturm der Liebe“ ist seit 18 Jahren eine Konstante in der ARD. Eine Expertin erklärt, was die Telenovela so besonders macht.

„Lindenstraße“, „Um Himmels Willen“ und „Familie Dr. Kleist“ – langjährige ARD-Klassiker, die aufgrund sinkender Zuschauerzahlen abgesetzt wurden. Die Telenovela „Sturm der Liebe“ hingegen liefert Nachmittag für Nachmittag verlässlich Herz- und Schmerzgeschichten. Seit 18 Jahren und mehr als 4000 Episoden verfolgen die Fans, wie Paare sich im Fünf-Sterne-Hotel Fürstenhof lieben, streiten und wieder zueinander finden.

„Sturm der Liebe“: Serie wurde bis mindestens 2025 verlängert

Und das in einer Zeit, in der es das klassische Fernsehen in Konkurrenz zu Streaminganbietern wie Netflix und Co. schwer hat. Die Traumquoten von 3,95 Millionen Zuschauern im Jahr 2006 sind zwar gesunken. Doch noch immer verfolgen Montag bis Freitag rund eine Million Menschen vor den Bildschirmen die Geschichte von Staffelheldin Ana und ihren Gefühlen für zwei Männer.

Erst 2022 wurde die Sendung um zwei Staffeln bis 2025 verlängert. Aber was ist das Geheimnis von „Sturm der Liebe“?

Erfolgsrezept der Telenovela sei der „Mix aus Neuem und Vertrautem“

Die Würze des Erfolgsrezepts liegt laut Produzent Peter Proske im „Mix aus Neuem und Vertrautem“. Immer wieder ziehen neue Paare ins Hotel ein, die Kernfamilien Sonnbichler und Saalfeld sorgten aber für feste Bezugspunkte. Die Serie sei ein „modern erzähltes Märchen“, das „am Puls der Zeit“ erzählt und deshalb bei jungem und älterem Publikum andocken würde.

Antje Hagen und Sepp Schauer spielen das Ehepaar Hildegard und Alfons Sonnbichler in „Sturm der Liebe“.
Antje Hagen und Sepp Schauer spielen das Ehepaar Hildegard und Alfons Sonnbichler in „Sturm der Liebe“. © ARD/Ann Paur | ARD/Ann Paur

Expertin über ARD-Telenovela: „Man tritt in eine parasoziale Beziehung zu den Figuren“

Einzigartig mache die Seifenoper der charakteristische Genre-Mix, wie Medienwissenschaftlerin Kristin Bleicher von der Universität Hamburg erklärt. „Es werden Heimatfilm, Liebesfilm, Märchen, Familien- und Hotelserie kombiniert und zusätzlich nach dem Prinzip der Telenovela täglich ausgestrahlt.“

Eine „klassische“ Telenovela sei das ARD-Format aber nicht. „Normalerweise haben Telenovelas eine sehr stark abgegrenzte Episodenzahl. Nach 100 oder 150 Folgen ist die Geschichte dann durcherzählt. Bei „Sturm der Liebe“ handelt es sich um eine Langzeittelenovela. Durch die wechselnden Liebespaare bildet sich immer ein neuer Fokus“, so Bleicher.

Ana Alves (Soluna-Delta Kokol, l.) trifft in Bichlheim in der aktuellen Staffel „Sturm der Liebe“ auf ihre alte Jugendliebe Philipp (Robin Schick, r.). Sie möchte mit dem charmanten Mann, der sie sofort wieder verzaubert hat, an alte Zeiten anknüpfen.
Ana Alves (Soluna-Delta Kokol, l.) trifft in Bichlheim in der aktuellen Staffel „Sturm der Liebe“ auf ihre alte Jugendliebe Philipp (Robin Schick, r.). Sie möchte mit dem charmanten Mann, der sie sofort wieder verzaubert hat, an alte Zeiten anknüpfen. © ARD/Christof Arnold | ARD/Christof Arnold

Zuschauer, die über Jahre ihre Nachmittage mit den immer gleichen TV-Figuren wie den Familien Sonnbichler und Saalfeld verbringen, würden zudem eine gefühlte Bindung zu ihnen entwickeln. Ab einer gewissen Schaufrequenz fühlten sie sich gar wie in einem virtuellen Freundeskreis und als Teil des Fürstenhofs. „Jeden Tag zu einer bestimmten Zeit taucht man in einer anderen Welt ein und tritt in diese parasozialen Beziehungen zu den Figuren“.

„Sturm der Liebe“-Darsteller entwickeln Gefühle für die Figuren

Ein Phänomen, das ganz ähnlich bei den Darstellern auftritt, wie „Sturm der Liebe“-Schauspieler Marcel Zuschlag dieser Redaktion verriet. Auch Mitarbeitende würden einschneidende Serienmomente emotional anfassen. Besonders bewegend sei demnach der Tod von Veronika „Vroni“ Schwarzbach gewesen, die in Staffel 19 mit dem Motorrad gegen einen Baum fuhr und später ihren Verletzungen erlag.

Das Hotel Fürstenhof im fiktiven oberbayerischen Bichlheim.
Das Hotel Fürstenhof im fiktiven oberbayerischen Bichlheim. © ARD/Ann Paur | ARD/Ann Paur

„Gerade bei diesem Serientod hat man gemerkt, dass sich das durch die Produktion durchzog“, sagte Zuschlag. „Egal, ob Schauspieler oder Regie – die ganzen zwei Drehwochen herrschte eine angespannte Stimmung am Set. Das lässt dich auch danach nicht los. Es macht auch körperlich etwas mit dir. Du nimmst es mit in den Schlaf.“ Und weiter: „Da wir ja jeden Tag drehen, ist es wie so ein zweites Leben, das du da führst. Du erlebst diese Sachen dann wirklich.“

In das Seifenoper-Universum einzutauchen, dient laut Medienwissenschaftlerin Bleicher als eine Art Kontrastprogramm zum üblichen Leben: „Man hat Zugang zu einer Welt, in der alles nach bestimmten Regeln funktioniert, in der es Dramatik, Liebe, komische und ebenso glückliche Momente gibt. Und alles ist überschaubar und erwartbar.“ Produzent Peter Proske sieht das ähnlich: „Telenovelas bieten eine Flucht aus dem Alltag und laden zum Träumen in eine Welt ein, die für viele nicht erreichbar ist. Und trotz aller Dramen und Intrigen gibt es am Ende immer ein Happy End“.

„Sturm der Liebe“ läuft montags bis freitags um 15.10 Uhr in der und ist in der ARD-Mediathek sowie auf Streaming-Plattformen wie Joyn, Netflix oder Amazon Prime abrufbar.