Altstadt. Um die Freiheitsglocke wieder klingen zu lassen, ist eine größere Investition nötig

Der wummernde Glockenschlag, der nicht nur das Blech des eigenen Uhrenkastens zum Vibrieren bringt, ist seit einigen Wochen verstummt. Eine Überspannung, so erklärt Gerhard Schneider, der in Gispersleben ein Unternehmen für Kommunikationsanlagen betreibt, habe die komplette Uhr bereits Anfang Februar außer Gefecht gesetzt. Vier Wochen lang zeigte sie sogar die falsche Zeit, war bei kurz vor 6 stehen geblieben, ehe die notwendigen Ersatzteile beschafft werden konnten und das Uhrwerk wieder seinen Dienst versehen konnte. „Der Gong aber muss weiterhin stumm bleiben“, sagt Schneider.

Die komplette Verstärkeranlage sei defekt, außerdem sei ein Kabel herausgerissen, wussten Schneider und sein Kollege Karl-Heinz Winkler von Elektro-Winkler gestern nach einer Untersuchung zu berichten. Eine Reparatur werde wohl nichts werden, „Bastelkram“ sei vor Jahren zum Einsatz gekommen. Ein erster Kostenvoranschlag liege für einen Ersatz bereits vor – von mehr als 2000 Euro sei die Rede. Offen sei nun, ob dafür jemand aufzukommen bereit sei. „Hauptsache ist doch erstmal, dass die Uhr wieder geht“, sagt Schneider. „Der Westminster-Gong muss warten.“

Dabei, so lässt sich recherchieren, war es die letzten Jahre ohnehin ein anderer Klang, der zur vollen Stunde zwischen 6 und 22 Uhr zu hören war: Es soll sich dabei um den Glockenschlag der Berliner Freiheitsglocke vom Schöneberger Rathaus gehandelt haben. Denn die Vorgängeruhr mit Westminster-Gong, die nach einem Juwelier Freytag benannt war, der bis in die 1980er-Jahre im Haus ein Schmuck- und Uhrengeschäft betrieb, war nach der Wende ins Stadtmuseum gegeben worden. Das Schlagwerk aber landete bei einem Erben der Familie Freytag in München, in dessen Wohnzimmer es nun klingen soll, wie einst auf dem Anger. Ein ehemaliger Erfurter, der damals in Berlin lebte, soll sich daraufhin um einen Ersatz bemüht und für den neuen Glockenklang aus dem Blechkasten gesorgt haben.