Berlin. Bildungswissenschaftler setzen Völkerball mit „legalisiertem Mobbing“ gleich. Der Sport würde gezielt „entmenschlichen“. Was steckt dahinter?

Wer das Spiel in der Schulzeit schon immer hasste, fühlt sich jetzt bestätigt: Völkerball, eine der verbreitetsten Mannschaftssportarten, ist ein Mittel der Unterdrückung. Dies jedenfalls berichten kanadische Forscher um den Bildungswissenschaftler Joy Butler.

„Völkerball ist gleichzusetzen mit legalisiertem Mobbing“, sagte Butler dem kanadischen Sender CBC.

Viele Lehrer sehen Völkerball laut Butler als Hilfsmittel, um Kinder spielerisch auf die „echte Welt“ vorzubereiten. Der Sport bringe die Heranwachsenden dazu, so der Forscher, ihre Mitschüler zu „entmenschlichen“ und ihnen zu schaden. Besonders schwächere Schüler hätten jedoch berichtet, beim Völkerball von stärkeren Klassenkameraden gedemütigt zu werden.

Ist Völkerball Mobbing?

„Wenn Schüler lernen, dass es okay ist, auf jemanden mit einem Ball einzuschlagen, selbst wenn es ein weicher ist, dann ist die Absicht einmal verinnerlicht“, erklärte Butler auch gegenüber der „Washington Post“.

Die Wissenschaftler hatten Jugendliche im Alter zwischen 12 und 15 Jahren zu ihrem Sportunterricht befragt, die Ergebnisse wurden dann auf einer Konferenz in Vancouver vorgestellt.

In den Befragungen sei „Dodgeball“, eine in Nordamerika verbreitete Völkerball-Variante, besonders häufig negativ erwähnt worden. Bei dem Spiel stehen sich zwei Teams gegenüber und versuchen, die jeweils anderen Spieler mit einem Ball abzuwerfen. Eine Mannschaft gewinnt, wenn alle Gegner getroffen sind. Im Unterschied zum hierzulande bekannten Völkerball gibt es aber mehrere Bälle und weniger Spieler.

Völkerball-Debatte im Netz entbrannt

„Der Sportunterricht sollte vielmehr ein Bereich sein, in dem Lehrer ihren Schülern helfen, mit ihren Aggressionen umzugehen, statt ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Wut auszuleben“, findet Butler. Sein Kollege und Pädagogikprofessor Stephen Berg ergänzt: „In der Schule reden wir viel über Freundlichkeit, Empathie und Mitgefühl. Im Sportunterricht verschwinden alle diese Begriffe.“

In den sozialen Medien sorgte die Studie für zahlreiche Diskussionen. Während die einen von „Verweichlichung“ sprechen, berichten andere von ihren eigenen erniedrigenden Erfahrungen im Sportunterricht.