Erfurt. Vor der Einführung des Mindestlohns waren die Befürchtungen vieler groß. Nach fünf Jahren zieht die Arbeitsagentur nun eine Bilanz.

Der vor fünf Jahren eingeführte gesetzliche Mindestlohn ist nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten nicht wie von vielen befürchtet zum Jobkiller geworden. Im Gegenteil: „Der Rückgang der Arbeitslosigkeit hat sich fortgesetzt, und in den meisten Mindestlohnbranchen ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gestiegen“, erklärte der Chef der in Halle ansässigen Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, Kay Senius. Dazu beigetragen habe die stabile Konjunktur. Demnach ging die Arbeitslosigkeit in Thüringen zwischen 2014 und 2019 insgesamt um 34 Prozent zurück.

Mehr Beschäftigte in Mindestlohnbranchen

In teils überdurchschnittlichem Maße sei dies in sogenannten typischen Mindestlohnberufen geschehen. Dazu zählten Floristen (-62 Prozent) sowie Berufe in der Fleischverarbeitung (-55 Prozent) oder im Verkauf (-43 Prozent). Hingegen sei die Arbeitslosigkeit im Friseurgewerbe um 16 Prozent gestiegen. Mit dem Mindestlohn sank den Angaben nach zudem die Zahl der Minijobber im Freistaat.

Auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe sich der Mindestlohn nicht nachteilig ausgewirkt, erklärte Senius. Rund 5400 dieser Beschäftigungsverhältnisse seien in sogenannten Mindestlohnbranchen zwischen 2014 und 2019 hinzugekommen. Das entspricht laut Senius einem Wachstum von 3,2 Prozent. Über alle Branchen hinweg sei die Mitarbeiterzahl hingegen im gleichen Zeitraum nur um 2,9 Prozent gestiegen. Die Zahl der Beschäftigten in den Mindestlohnbranchen sei damit stärker gewachsen als in allen Branchen, vor allem bei Kurier- und Expressdiensten, in Callcentern, in der Reinigungsbranche und Gastronomie.

Viele Minijobber nun in Teilzeit

Aber: Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung hat zum Rückgang der Minijobs geführt. Zwischen 2014 und 2019 fielen den Angaben nach rund 1200 dieser geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse weg. „Viele Arbeitgeber haben wegen des deutlichen Fachkräftebedarfs Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt“, sagte Senius. „In den Mindestlohnbranchen kam noch hinzu, dass sich das Minijobmodell wegen des Mindestlohns für Arbeitgeber nicht gerechnet hat.“ Viele Minijobber seien daher heute sozialversicherungspflichtig in Teilzeit beschäftigt. Ein Jobkiller sei der Mindestlohn daher nicht gewesen.

Dieser lag bei der flächendeckenden Einführung zum 1. Januar 2015 laut Bundesarbeitsministerium bei 8,50 Euro pro Stunde. Der Mindestlohn stieg 2019 auf 9,19 Euro und ab 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro. Minijobs sind nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit geringfügige Beschäftigungen mit einem Entgelt von höchstens 450 Euro im Monat oder einem Arbeitseinsatz von maximal 70 Tagen im Jahr.