Berlin. Es ist umstritten, wie Deutschland mit IS-Anhängern in Syrien umgehen soll. Jetzt kommen wohl die ersten zurück: der Fall einer Mutter.

Es ist politisch stark umstritten, wie der Staat mit Deutschen umgehen soll, die aus ihrer Heimat loszogen und ins Gebiet der Terrororganisation „Islamischer Staat“ nach Syrien und Irak ausreisten. Mehr als 1000 mutmaßliche IS-Anhänger waren aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak ausgereist, Tausende waren es aus Europa.

Seitdem der IS militärisch besiegt ist, harren viele deutsche Islamisten in Gefängnissen oder Lagern der Kurden und des türkischen Militärs in Nordsyrien aus. Viele hoffen, dass sie nach Deutschland zurückkehren können.

Nach Informationen unserer Redaktion ist nun eine 31 Jahre alte Frau aus Nordrhein-Westfalen über die Türkei nach Deutschland zurückgekehrt – gemeinsam mit ihren drei Kindern, eines von ihnen ist erst im IS-Gebiet geboren. Am Donnerstagabend ist die Frau mit ihren Kindern demnach am Stuttgarter Flughafen gelandet.

Zuletzt harrte die Deutsche in einem Lager in Nordsyrien aus, das vom türkischen Militär kontrolliert wird. Der Anwalt der Mutter der mutmaßlichen IS-Anhängerin, Mahmut Erdem, bestätigte die vorläufige Inhaftierung der Frau am Stuttgarter Flughafen. Um die Kinder kümmert sich das Jugendamt. In die Organisation der Ausreise der Frau waren nach Informationen unserer Redaktion sowohl das Auswärtige Amt als auch türkische Behörden einbezogen.

Ein Sohn starb offenbar bei Angriffen

Im Oktober 2015 war die Frau aus Deutschland in Richtung Syrien aufgebrochen. Ihre drei Kinder nahm sie mit – offenbar gegen den Willen des Vaters. Ihr ältester Sohn starb laut Sicherheitsbehörden mutmaßlich während der Angriffe der Alliierten gegen den IS. Ein Kind bekam die Frau offenbar gemeinsam mit einem Mann, der mit ihr im IS-Gebiet verheiratet war.

In Deutschland war die Frau von der Polizei als islamistische „Gefährderin“ eingestuft. Nun ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf gegen sie – zunächst nicht wegen Terrorverdacht, sondern wegen Kindesentziehung, da sie laut Haftbefehl ihre Kinder mit in Richtung Dschihad-Gebiet genommen hat.

Am Freitag soll die Frau zum Haftrichter

Beim Vorwurf der Kindesentziehung hatten die Strafverfolgungsbehörden nach eigenen Angaben ausreichend Belege, um einen dringenden Tatverdacht herzuleiten – und damit einen Haftbefehl. Ob gegen die Frau auch ausreichend Hinweise für einen möglichen Terrorverdacht vorliegen, will die Staatsanwaltschaft im weiteren Verlauf der Ermittlungen prüfen. Die Frau soll am Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden.

In vielen Fällen ist es sehr schwer für die deutschen Ermittler, den Vorwurf der Mitgliedschaft beim IS oder Unterstützung der Terrorgruppe auch gerichtsfest zu beweisen. Derzeit sitzen laut Bundesinnenministerium 66 deutsche mutmaßliche IS-Angehörige in Gefangenschaft in Syrien, knapp 40 sind im Irak inhaftiert. Laut einem Bericht des „Spiegel“ liegt gegen 21 der in Syrien Gefangenen ein Haftbefehl in Deutschland vor.

Doch die Organisation der Ausreise nach Deutschland ist heikel. Die Bundesregierung erkennt die kurdischen Autonomiebehörden vor Ort in Nordsyrien nicht an. Auch eine Botschaft gibt es in Syrien nicht mehr, die diplomatischen Beziehungen mit Diktator Assad sind offiziell abgebrochen. Das alles erschwert eine Rückkehr der mutmaßlichen deutschen IS-Angehörigen.