Frankfurt/Main. Deutschlands Arbeitnehmer werden künftig womöglich noch länger arbeiten müssen, bevor sie in Rente gehen können. Die Bundesbank meint: Das darf angesichts der angespannten Lage der Rentenkasse kein Tabu sein.

Die Bundesbank befeuert die Debatte um eine weitere Anhebung des Rentenalters auf fast 70 Jahre. «Durch die demografische Entwicklung gerät die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung künftig unter erheblichen Druck, insbesondere ab Mitte der 2020er Jahre», stellt die Notenbank in ihrem Monatsbericht Oktober fest. Um das System stabil zu halten, bestehe «Anpassungsbedarf bei den zentralen Stellgrößen der Rentenversicherung», schreiben die Bundesbank-Ökonomen. «Ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Reformen ist das Rentenalter.»

Seit 2012 wird die Altersgrenze für den Bezug der gesetzlichen Rente schrittweise von 65 auf 67 Jahre im Jahr 2031 angehoben. Doch das wird nach Expertenansicht nicht ausreichen, weil ab Mitte der 2020er Jahre die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen.

Die Bundesbank regt daher an, das Rentenalter bis 2070 auf 69 Jahre und vier Monate anzuheben. Auch internationale Organisationen wie EU-Kommission, IWF und OECD hätten nahegelegt, «das Rentenalter mit steigender Lebenserwartung weiter anzuheben».

Nach Bundesbank-Berechnung würde der Geburtsjahrgang 2001 ab Mai 2070 mit 69 Jahren und vier Monaten regulär in Rente gehen. Eine solche Anpassung würde nicht nur die Rentenkasse entlasten, argumentierte die Notenbank am Montag. «Sie würde über eine höhere Erwerbstätigkeit auch das gesamtwirtschaftliche Potenzial stärken und damit die Bemessungsgrundlagen für Steuern und Sozialbeiträge stützen.»

Das jüngste Rentenpaket der Bundesregierung sichert bis 2025 das Absicherungsniveau bei 48 Prozent ab - dieses markiert das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn. Zudem soll bis 2025 der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht über 20 Prozent des Einkommens steigen. Experten rechnen danach mit einem sinkenden Rentenniveau und steigenden Beiträgen, wenn nicht gegengesteuert wird.

Bei Grünen und Linken stieß der Bundesbank-Vorstoß auf wenig Gegenliebe. „Wir brauchen eine Strategie für ein gesünderes längeres Arbeiten und keine Rente mit 69 für alle“, erklärte Markus Kurth, Sprecher für Rentenpolitik der Grünen im Bundestag. „Ohne Lösung für die Menschen, die nicht bis 67 im Beruf durchhalten, ist eine Diskussion um die Rente mit 69 eher gefährlich als hilfreich.“

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte, die Beitragsbasis für die Rentenkasse zu verbreitern: «Statt ein höheres Eintrittsalter zu fordern, müssen die Einnahmen der Rentenkasse erhöht werden. Dann hat die Rente eine sichere und langfristige Zukunft.» Man müsse hinterfragen, warum es für Beamte, Selbstständige und Politiker Extra-Systeme zur Altersvorsorge gebe, sagte Bartsch.