Wir leben in fortschrittlichen Zeiten. So fortschrittlich, dass die Wissenschaft werdenden Müttern heute beinahe verkünden kann, welche Schuhgröße ihr Kind haben wird und wie gut die Noten später werden. ...

Wir leben in fortschrittlichen Zeiten. So fortschrittlich, dass die Wissenschaft werdenden Müttern heute beinahe verkünden kann, welche Schuhgröße ihr Kind haben wird und wie gut die Noten später werden. Na gut, so weit ist es vielleicht nicht. Zumindest die Vorhersage der Schulranzen-Farbe ist mittlerweile aber kein Problem mehr.

Die vergangenen neun Monate habe ich dennoch beobachten dürfen, wie sich Leute an alte Kalendersprüche und Bauernweisheiten klammerten, als wir erklärten, das alles nicht wissen zu wollen. Was durfte sich die Dame des Hauses da anhören: „Der Bauch ist spitz, das wird sicher ein Junge.“ Oder: „Bei deiner Übelkeit wird es ein Mädchen.“ Viele der Hobby-Propheten widersprachen sich in ihren Weissagungen sogar von Mal zu Mal. Und als das Kind warten ließ, war plötzlich allen gewiss: Sicher ein Mädchen, die putzen sich noch.

Bei uns hat das stets ein leicht entnervtes Lächeln hervorgerufen. Kein Wunder, dass ständig von der postfaktischen Zeit gesprochen wird. Wirklich verärgert hat mich aber nur dieser eine Satz: „Du siehst so gut aus. Man sieht dir deine Schwangerschaft gar nicht an.“ Kriegen Frauen nur Komplimente, wenn sie abseits des Babybauches nicht zunehmen? Haben sich Schwangere auch während dieser neun Monate dem Modediktat von Topmodels, Photoshop und Instagram zu unterwerfen?

Das haben wir nun von unseren fortschrittlichen Zeiten...