Berlin. Prinz Harry verklagt britische Boulevardzeitungen. Heute ist der Prozess gegen die „Daily Mail“ gestartet. Was alles bekannt ist.

Wie ein Fremdkörper wirkte Prinz Harry bei der pompösen Krönungsfeier seines Vaters in Westminster Abbey. Kein Winken vom Balkon, keine Party mit den Royals: Der verlorene Sohn flog sofort zurück zu Meghan und den Kindern nach Kalifornien. Und jetzt ist er wieder präsent: als Kläger gegen die britische Boulevardpresse.

Zum Prozessauftakt in London war er zwar nicht vor Ort. Aber er werde im Juni erscheinen, war zu hören. Ohne ihn begann der Prozess am Mittwoch vor dem Londoner High Court, in dem es um abgehörte Telefonate und illegal erhaltene Informationen geht, dank denen die Zeitung „Daily Mirror“ Dutzened Artikel über Harry gefüllt haben soll, so die Vorwürfe.

Klage gegen Boulevard: Auch Königin Camilla wird verdächtigt

Harry, der in seiner Autobiografie „Reserve“ bereits gegen den Palast wie auch die Boulevardpresse wetterte, prangert eine un­hei­lige Allianz zwischen Boulevard und Königshaus an und beschuldigt seine Stiefmutter Königin Camilla, sie habe Informationen durchgestochen, um sich auf seine Kosten in ein gutes Licht zu stellen.

Der in Ungnade gefallene Prinz wirft den damaligen Verantwortlichen der Boulevardzeitungen „The Mirror“, „The Sunday Mirror“ und „Sunday People“ vor, von illegalen Methoden wie dem Abfangen von Handysprachnachrichten und dem Erschleichen medizinischer Daten gewusst zu haben.

Beklagter ist der Verlag der drei Blätter, Mirror Group Newspapers . Dass die Prominenten durch Journalisten und Privatdetektive bespitzelt wurden, hatte der Verlag bereits teilweise eingestanden. Einzelne Journalisten wurden strafrechtlich belangt. Nun geht es darum, ob und wie die Führungsebene in die illegalen Tätigkeiten involviert war.

Kläger-Anwalt spricht von „entsetzlichen Praktiken“ der Informationsbeschaffung

Kläger-Anwalt David Sherborne führte aus, Harry sei von 1995 an zum Ziel der „übergriffigsten Methoden der Beschaffung privater Informationen“ geworden. Sherborne sprach von „entsetzlichen Praktiken“. Der Prozess soll exemplarisch für eine Sammelklage vieler weiterer Kläger – darunter auch Prominente – geführt werden. Der Fall des Herzogs von Sussex werfe ein Schlaglicht darauf, was vielen anderen weniger bekannten Personen widerfahren sei, sagte Sherborne. Und fügte hinzu: „Deswegen hat er sich dazu entschieden, die Klage einzureichen.“

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Dass sich der Verlag in einer schriftlichen Eingabe für die Bespitzelung entschuldigte und zugab, dass Prinz Harry eine Entschädigung zustehe, wurde als Erfolg gewertet. Einzelne Fälle angeblich abgehörter Sprachnachrichten wies Beklagten-Anwalt Andrew Green jedoch zurück. Zudem komme die Klage zu spät. Zu spät, das ist Harry egal. Ihm gehe es auch ums Prinzip.

Nur einer von mehreren Prozessen

Die Bespitzelung habe „in industriellem Ausmaß bei allen drei Blättern stattgefunden“, so der Staranwalt weiter. Durch Rechnungsbelege sei erwiesen, dass Privatdetektive von verschiedenen Ressorts innerhalb der Redaktionen beauftragt und bezahlt worden seien. Auch der Rechtsabteilung und dem Vorstand seien die Vorgänge bekannt gewesen. Er sprach von einer „Flut der Rechtsbrüche“, die von leitenden Redakteuren autorisiert wurden.

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Die Gegenseite will ihre Argumente am Freitag darlegen, bevor in der kommenden Woche die Zeugenbefragung beginnt.

Der Prozess ist nur einer von mehreren, die Harry in Großbritannien führt. Der Prinz war bereits im März in einem Verfahren gegen den Verlag der Blätter „Daily Mail“ und „Mail on Sunday“, Associated Newspapers Limited, überraschend selbst als Zeuge aufgetreten. Auch gegen den Verlag der Zeitung „Sun“ und der eingestellten „News Group Newspapers“ hat Harry wegen ähnlicher Vorwürfe ein Verfahren ins Rollen gebracht. (mit dpa)

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