Erfurt. Der 3D-Solartechnikprojekttag ist gern gesehen an der Steigerwaldschule. Und doch tut man sich in Erfurt damit schwer

Steigerwaldschule Schillerstraße. Durch die Tür der Aula in der dritten Etage ist begeistertes Sprachgewirr zu vernehmen. Eine Gruppe Viertklässler ist mit Feuereifer dabei. Ein 3D-Drucker summt leise vor sich hin, baut eine kleine gelbfarbige Eule Schicht um Schicht auf. So kann Unterricht auch sein.

Zu Gast: der Solar-Dorf Kettmannshausen e.V. – Projekttag. Es gibt viele Projekttage in Schulen. Der hier ist etwas anders, etwas besonders. „Wir bieten ein ganz anderes Lernkonzept als gewohnt“, sagt Projektleiterin Simona Elias. Kein Frontalunterricht, kein sonores Schreiben und Lesen. Dafür ein erlebnisorientiertes Unterrichtserlebnis. Gestalten, ausprobieren, Fehler zulassen, erkennen und sie dann beheben. Die Kinder finden es einfach „cool“.

Das Konzept bietet der Verein in Form von 3D-Solartechnik- Projekttagen seit etwa drei Jahren für ganz Thüringen an. Kinder behutsam und spielerisch an die Herausforderungen und Technologien der Zukunft heranführen, sie begeistern. ihnen die Grundlagen vermitteln – eigentlich müsste man landauf, landab vor Begeisterung in die Hände klatschen und Hurra rufen. Tut man aber nicht. Erstaunlicherweise. Und das, obwohl gerade in der Erfurter Messe zeitgleich ein Technikkongress darauf hinweist, dass im industriellen 3D-Druck mit Kunststoffen noch viel Entwicklungsarbeit nötig sei. Das scheint sich aber noch nicht überall herumgesprochen zu haben.

Wie anders erklärt sich dann, dass das Kettmanshäuser 3D-Solarprojekt in Südthüringen mit offenen Armen empfangen wird, in Erfurt und dem Rest des Freistaats aber entweder nur zögerlich oder gar nicht? „Vielleicht liegt es daran, dass wir noch nicht so bekannt sind und es auch etwas Geld kostet“, sagt Simona Elias. Und natürlich zusätzliche Arbeit für die Lehrer.

Ein Projekttag schlägt mit – alles inklusive – je nach Anreiseweg zwischen 600 und 800 Euro zu Buche. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen hat die Zeichen der Zeit erkannt, gibt 50.000 Euro im Jahr zur Förderung des Projektes. An der IHK Erfurt hat sich der Vater der 3D-Solar-Idee, Professor Berthold Bley, bislang genau so die Zähne ausgebissen, wie beim Thüringer Institut für Lehrerfortbildung (Thillm) oder gar beim Bildungsminister des Landes, Helmut Holter. Dem wurde das Projekt auf der Messe vorgestellt. Auf die Korrespondenz aus Kettmannshausen hat man es bis heute nicht für nötig gehalten, zu antworten. Andere Politiker – auch keine Grünen – hätten sich bislang so gut wie nicht für das Projekt interessiert.

Keine Unterstützung von Verantwortungsträgern

Weiteres Negativbeispiel: die Handwerkskammer Erfurt. In deren Berufsausbildungszentrum in Alach hatte der Verein vor zehn Jahren ein Kabinett für erneuerbare Energien und Wasserstofftechnik mit Spendengeldern eingerichtet. Im Herbst 2018 wurde der Raum von der Kammer wegen Eigenbedarf gekündigt. Bley verschenkte das Equipment. Das Erfurter Bildungszentrum griff dankend zu.

In der Schule am Steigerwald gibt es seit Jahren den Tag der kleinen Forscher. Die Kettmannshäuser sind ebenso alljährlich gern gesehen. Wenngleich Lehrerin Nicole Teuber, verantwortlich für die Mint-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), nichts dagegen hätte, wenn dieser Projekttag öfter stattfinden würde. Aber auch so ist man dankbar, dass sich die Sparkasse Mittelthüringen und die Klimaschutzstiftung als Sponsoren einbringen. Schulleiterin Erika Carius bekräftigt nachdrücklich, an der Zusammenarbeit mit dem Solardorf-Verein festhalten zu wollen. Der Erfolg gibt ihr recht. Bei Jugend forscht mischen die Steigerwaldschüler landesweit ganz vorn mit, stellten 2018 gleich vier Preisträger.

Am jeweiligen Projekttag selber wird eine dritte oder vierte Klasse geteilt. Eine Hälfte der Kinder widmet sich Konstruktion und 3D-Druck, die andere dem Modellbau, z.B. von Solarstromkreisen. Die Begeisterung kennt keine Grenzen. „Nach sechs Stunden Projekttag ist der Spaß so groß, dass es oft enttäuschte Gesichter gibt, wenn Feierabend ist“, hat Simona Elias beobachtet. Und noch zwei Phänomene fielen ihr auf. Mädchen sind oft besser als die Jungs, wenn es darum geht, an die Arbeit mit dem PC und dem 3D-Drucker herangeführt zu werden. Und Schüler, deren Leistungen sonst nicht ganz so gut seien, die eher verschlossen seien, würden bei der Arbeit im Zweierteam aufblühen, aus sich herausgehen, kooperieren, sogar den schlechteren Mitschülern helfen.

22 Schulen im Freistaat konnte der Solardorfverein bislang durch Spenden aus der Wirtschaft unentgeltlich mit 3D-Technik zur dauerhaften Nutzung ausstatten. Zukunftsorientierte Berufsförderung schon in jungen Jahren. Erstaunlich, dass es gerade in Erfurt bis auf Ausnahmen so schwierig sein soll, auf diesen Zug aufzusteigen.