Troistedt. Gedenken: Eine neue Zeitzeugenaussage beleuchtet das Geschehen vom 10. und 11. April 1945 bei Troistedt besser.

Auch wenn die Corona-Einschränkungen ein öffentliches Gedenken verhindern: Das Kriegsende vor genau 75 Jahren im Weimarer Land spielt in diesen Tagen eine wichtige Rolle. Der Absturz eines deutschen Doppeldeckers bei Troistedt am 10. und das Gefecht an der gesprengten Autobahnbrücke bei Nohra am 11. April beschäftigen zurzeit die Hobby-Historiker.

Christian Handwerck vom Flugplatz-Verein Nohra bekam erst vorige Woche eine neue Zeitzeugenaussage, welche das Geschehen bei Nohra besser beleuchtet. Er schreibt: „Anfang April 1945 herrscht Endzeitstimmung auf dem Fliegerhorst Weimar-Nohra. Der Betrieb der Flugschule ist eingestellt, sämtliche Flugzeuge sind am Boden. Es gibt keinen Treibstoff mehr und die amerikanische Luftwaffe zerstört Zug um Zug militärische Anlagen im Rahmen ihres Vorstoßes durch Thüringen. Am 11. April 1945 erreicht noch ein Befehl der SS-Kommandantur Buchenwald den Fliegerhorst, der besagt, das Konzentrationslager sofort mit Bomben in Brand zu setzen. Der Mangel an Flugzeugen und Treibstoff verhindert dessen Ausführung.

Auf dem Fliegerhorst befinden sich noch Soldaten der technischen Dienste, des Nachrichtenwesen sowie Angehörige des letzten Offizierslehrgangs. Am 11. April bekam diese letzte Besatzung den Befehl, die US-Armee an der gesprengten Autobahnbrücke aufzuhalten. Einheiten der 80. Infanteriedivision und der 4. Panzerdivision der 3. US-Armee näherten sich aus Richtung Erfurt kommend über die Autobahn Nohra. Im Fliegerhorst erfolgte die Ausgabe von Gewehren und Panzerfäusten und die Soldaten bezogen am Vormittag Stellung an der Brücke. Zuvor wurden noch sämtliche Anlagen des Fliegerhorstes unbrauchbar gemacht.

Aus dem Bericht eines deutschen Soldaten

Gegen 16 Uhr begann für fast vier Stunden das sinnlose Gefecht. Ein deutscher Soldat beschreibt die Ereignisse: ,Die amerikanischen Panzer kamen auf der Autobahn. Wir haben versucht, uns an sie heranzuschleichen. Über das offene Feld war es unmöglich. Sie schossen und wir hatten keine Chance, auf Panzerfaustweite heranzukommen. Wir sind zurück hinter die nächste Deckung und sind dahinter in Richtung Osten gelaufen. Wir waren von den Amerikanern eingekreist. Ein Kamerad wurde schwer verwundet.‘ Nachts hörten sie die Amerikaner in ihren Panzern schlafen, schlichen an ihnen vorbei aus dem Wald heraus und flohen Richtung Süden. Insgesamt kamen 19 deutsche Soldaten ums Leben, rund 120 gingen in Kriegsgefangenschaft. Der Fliegerhorst Weimar-Nohra wurde gegen 20 Uhr von der US-Armee besetzt, kurz nach einem weiteren, fatalen Konflikt an der Nohraer Molkerei. Das Grab der 19 deutschen Soldaten befindet sich bis heute im Wald an der Autobahn. Eine Mahnung der Geschichte.“

Abgestürzter Pilot auf Troistedter Friedhof beerdigt

Auf die Fotos eines am Tag zuvor abgestürzten deutschen Flugzeuges stieß der Troistedter Harry Sochor bei Recherchen zu den Nachkriegs-Enteignungen und -Vertreibungen in Isseroda. Es handelte sich um kein gängiges Jagdflugzeug-Muster der Luftwaffe, sondern einen veraltet wirkenden Doppeldecker, dessen Hoheitszeichen zudem bereits entfernt waren. „Vermutlich eine Schulmaschine aus Nohra“, spekuliert der ehemalige Troistedter Pfarrer Justus Lencer.

„Den Überlieferungen nach streifte sie am Vormittag den Masten einer Überland-Stromleitung zwischen Troistedt und Isseroda und stürzte auf das Feld.“ Der Pilot war sofort tot. Er hieß Alex von Wahl und entstammte einer alten baltischen Adelsfamilie. Er wurde erst nach Ende der bis 16. April verhängten Ausgangssperre von der Absturzstelle geborgen und auf dem Troistedter Friedhof begraben. Justus Lencers Mutter Antonie sprach eine kurze Andacht, Steinmetz Börner aus Utzberg lieferte den Grabstein. Lencer: „Obwohl es angeblich mehrere Geschwister gab, hat sich von der Familie von Wahl, soweit mir bekannt, nie jemand um das Grab gekümmert.“ RED