Weimar. Die Rahmenbedingungen für Prostitution regelt in Deutschland seit 2017 ein neues Gesetz. In Thüringen gibt es seitdem eine Übergangsregelung - und schon vor der Umsetzung Kritik an der geplanten Rechtsverordnung.

Rund 400 Menschen, die der Prostitution nachgehen, sind in Thüringen inzwischen offiziell angemeldet. Das sagte ein Sprecher des Thüringer Landesverwaltungsamts am Donnerstag. Seit Juli 2017 gilt in Deutschland das neue Prostituiertenschutzgesetz. Seitdem ist es für Prostituierte Pflicht, sich anzumelden. Bordelle benötigen eine Betriebserlaubnis, dafür wurden Mindestanforderungen formuliert. Die behördliche Umsetzung des Gesetzes liegt in Verantwortung der Bundesländer.

In Thüringen gibt es aber bisher keine Ausführungsverordnung. Bis das der Fall ist, müssen sich Prostituierte beim Landesverwaltungsamt in Weimar anmelden. Nach Informationen des Landesfrauenrats ist Thüringen das einzige Bundesland, das das Gesetz noch nicht in Landesrecht gegossen hat. Die Verordnung sei momentan in Arbeit, sagte ein Sprecher des in der Sache federführenden Thüringer Innenministeriums. „Gegenwärtig läuft die Abstimmung zwischen den Ressorts“, sagte er. Ob es noch in dieser Legislaturperiode klappt, sei unklar.

„Viele in der Prostitution Tätige vermissen eine ortsnahe Betreuung und haben insoweit Kritik an einer zentralen Anmeldung in Weimar zum Ausdruck gebracht“, erläuterte der Sprecher des Landesverwaltungsamts. Eine Verordnung könnte unter anderem regeln, dass die Prostituierten sich in ihren Landkreisen oder kreisfreien Städten beraten und anmelden dürfen. Außerdem müssen nach Vorgabe des Bundesgesetzes bestimmte Regelungen neu gefasst werden, zum Beispiel, was die Hygienestandards von Bordellen betrifft.

Was die Umsetzung angehe, hinke Thüringen hinterher, sagte die justizpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Astrid Rothe-Beinlich. Auch Karola Stange, Sprecherin für Gleichstellungspolitik der Linken-Fraktion, kritisierte: „Ich finde es sehr traurig, dass wir noch nicht geliefert haben an der Stelle.“ Gleichzeitig betonte sie, dass sie eigentlich wolle, dass es überhaupt keine Prostitution mehr gebe.

Am Freitag veranstaltet der Landesfrauenrat in Weimar einen Workshop zur Umsetzung des Gesetzes. Die Geschäftsführerin Ilona Helena Eisner sagte vorab, sie finde es nicht dramatisch, dass es im Freistaat noch keine gültige Rechtsverordnung gebe, „weil das Gesetz an sich nicht wirklich gut ist. Eigentlich ist unsere Forderung, das Gesetz noch einmal nachzubessern.“

Kritik am Gesetz kommt unter anderem auch von der Deutschen Aidshilfe und der Organisation Dona Carmen, die sich für die politischen und sozialen Rechte von Prostituierten engagiert. Statt geschützt zu werden, seien Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen zusätzlicher Kriminalisierung und neuen Gefahren ausgesetzt. Auch Rothe-Beinlich teilte die Befürchtung, dass das Gesetz „kaum dazu führen wird, Sexarbeit zu entkriminalisieren.“