Kopenhagen/Flensburg. Der umstrittene Wildschweinzaun entlang der deutsch-dänischen Grenze ist fertig. Ein guter Tag finden die einen – andere bezweifeln den Sinn des rund 70 Kilometer langen Bauwerks.

Es ist soweit: Nach zehn Monaten Bauzeit hat Dänemark seinen umstrittenen Wildschweinzaun entlang der Grenze zu Deutschland fertiggestellt. Bauarbeiter befestigten am Montag das letzte Zaunteil nahe dem Grenzübergang Sofiedal knapp 20 Kilometer nordwestlich von Flensburg. Damit ist das dänische Bauprojekt, das auf einer Länge von knapp 70 Kilometern von der Ost- bis zur Nordsee verläuft, offiziell abgeschlossen.

„Wir wissen, dass nicht jeder findet, dass der Zaun eine gute Idee ist“, sagte Bauleiter Bent Rasmussen von der dänischen Naturverwaltung. Deshalb sei es auch kein Tag zum Feiern. Aber sie seien zufrieden, den Auftrag des Parlaments in Kopenhagen zum Schutz der dänischen Schweineindustrie erfüllt zu haben, sagte Rasmussen. „Deshalb ist es ein guter Tag für uns.“

Bau fast doppelt so teuer als geplant

Seit Ende Januar hatten die Dänen an dem Wildschweinzaun gebaut. Wie die dänische Naturverwaltung mitteilte, kostete der Bau umgerechnet nur rund sechs statt der ursprünglich veranschlagten fast elf Millionen Euro. Nach Angaben der Behörde verfügt der Zaun über 20 permanente Öffnungen für Grenzübergänge und größere Wasserläufe. Dort sollen die Wildschweine zum Beispiel durch Gerüche vom Überqueren der Grenze abgehalten werden. Für Wanderer und Spaziergänger gibt es zudem Tore und kleine Überquerungstreppen entlang des Zauns – auch außerhalb von Wanderwegen. Für kleinere Tiere sind alle hundert Meter Öffnungen von 20 mal 20 Zentimetern im Zaun eingelassen.

Der Wildschweinzaun ist eine von mehreren Maßnahmen, mit denen Dänemark seine wichtige und gewinnbringende Schweinezucht vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) schützen will. Der Erreger war zuletzt vermehrt in Polen aufgetreten. Viele Menschen in der eng verbundenen deutsch-dänischen Region halten den Zaun aber vor allem für ein Ärgernis und ein Symbol der Abschottung.

Der Effekt des Zauns wird von Experten außerdem infrage gestellt: Sie halten vor allem die Übertragung durch das Zutun des Menschen für das Hauptproblem im Kampf gegen die ASP. Über weggeworfene Brote mit Wurst aus dem Fleisch infizierter Tiere sowie den Schlamm in Radkästen von Autos oder in Schuhprofilen kann das Virus in zuvor nicht betroffene Gegenden eingeschleppt werden.

„Ein guter Tag für die dänische Schweinefleischindustrie“

Der Vorsitzende des dänischen Schweineschlachtereiverbandes, Asger Krogsgaard, lässt sich dadurch nicht beirren. „Es ist ein guter Tag für die dänische Schweinefleischindustrie“, sagte er. Der Zaun verhindere, dass Wildschweine über die Grenze kämen. Seinen Angaben zufolge befürchtet man dabei gar nicht so sehr, dass infizierte Tiere über die Grenze kommen, sondern dass sich die Wildschweinpopulation dadurch in Dänemark erhöht. Krogsgaard sieht das so: Je mehr Wildschweine im Land seien, desto größer werde das Risiko, dass ein Wildschwein beispielsweise von Menschen weggeworfene Wurst aus dem Fleisch ASP-infizierter Tiere fresse und so die Seuche in die dänische (Wild-)Schweinpopulation getragen werde.

Ein Fund der Schweinepest auf dänischem Boden würde einen sofortigen Exportstopp für dänische Schweineprodukte in Nicht-EU-Länder bedeuten – und diese Ausfuhren beliefen sich laut Angaben der dänischen Behörden allein 2018 auf 9,6 Milliarden dänische Kronen (rund 1,3 Milliarden Euro). Für Menschen ist die Seuche ungefährlich.

Nach Einschätzung der dänischen Naturverwaltung hat sich der Wildschweinbestand in der Region Süderjütland (Sønderjylland) bereits auf weniger als 40 verringert. Vor zwei Jahren war die Behörde noch von 50 bis 100 ausgegangen. Zum Vergleich: In Deutschland wurden allein in der Saison 2017/2018 nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes fast 837.000 Wildschweine erlegt.