Über Ramelows Vorpreschen, seine Rückwärtsrolle und das mögliche Kalkül dahinter. Der Chefredakteursnewsletter vom Dienstag.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Sie haben sich schon über umfangreiche Lockerungen gefreut? Ich muss Sie enttäuschen, wir brauchen noch Geduld. Aber irgendwie hatte sich das angedeutet. War alles nur ein großes Missverständnis?

Rückblick

Von Gesagtem und Gemeintem

Jetzt plaudere ich mal aus dem Redaktionsnähkästchen: Unsere Berichterstattung über Bodo Ramelows Plan zu Lockerungen basierte nicht auf Missverständnissen, nicht auf Interpretationen, nicht auf Suggestivfragen.

Mein Kollege Elmar Otto hat journalistisch sauber aufgeschrieben, was uns (bewusst Mehrzahl) Bodo Ramelow telefonisch mitgeteilt hat: Keine Verordnung mehr in Thüringen ab 6. Juni, lediglich Empfehlungen. Keine Maskenpflicht, kein Mindestabstand, Großveranstaltungen sind wieder erlaubt. Der Krisenstab wird aufgelöst. Die Verantwortung wird auf die Kommunen und Gesundheitsämter übertragen. Sollten lokal Infektionszahlen über die kritische Marke von 35 pro 100.000 Einwohner steigen, müsse zu strikten Regeln zurückgekehrt werden.

So sah es sein Plan vor, den er heute seinem Kabinett vorschlagen wollte. Über seine Motive hatte ich gestern bereits geschrieben.

Jetzt rudert er zurück. Im "Entwurf einer Verständigung des Kabinetts“, welcher unserer Redaktion vorliegt, sind Mindestabstand von anderthalb Metern, Maskenpflicht und auch das Verbot von Großveranstaltungen bis 31. August wieder enthalten.

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Warum ich das so breit ausführe? Naja, gestern Abend lief ein ARD extra, in dem Ramelow angesprochen auf die Thüringer Allgemeine verneinte, gesagt zu haben, was wir berichteten. "Ich darf darauf hinweisen, dass ich nicht angekündigt habe, dass es keine Abstandsregelung mehr geben soll."

Doch, genau das.

"Da ich nicht angekündigt habe, dass wir Großveranstaltungen zulassen wollen, kann ich auch nicht ankündigen, dass ich irgendwie zurückrudere. Es war völlig klar, dass wir bis zum 31. August keine Großveranstaltungen auf engem Raum uns überhaupt vorstellen können. Und es ist völlig klar, dass wir die Abstandsregeln weiterhin als Grundregeln für unseren Umgang miteinander in den Mittelpunkt stellen."

Und auch hier ist das Gegenteil der Fall. Wobei ich einschränkend sagen muss, dass die Formulierung "Wir" suggeriert, dass sich hier nach dem turbulenten Wochenende und dem gestrigen Tag mit Kritik aus verschiedenen Richtungen und eigenen Reihen auf später gewonnene Erkenntnisse bezogen wird.

Ich möchte an dieser Stelle nur klarstellen, dass wir belegbar sauber zitiert haben und ich die Integrität meiner Kollegen und der Thüringer Allgemeinen nicht beschädigt wissen will. Und, es geht mir an dieser Stelle nicht um die inhaltliche Bewertung des Vorstoßes (Es ist eine Binse zu sagen, dass wir alle schnellstmöglich wieder ohne Einschränkungen leben wollen.), sondern um die gewählten oder unterlassenen Kommunikationsformen.

Mein Kollege Martin Debes hat sich in seiner neuesten Kolumne übrigens mit dem Kalkül hinter Ramelows Vorstoß beschäftigt. Das ist seine These.

Babys im Plenarsaal sind erlaubt

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(Foto: Sascha Fromm)

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Zum Schluss!

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Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr Jan Hollitzer
Chefredakteur
Thüringer Allgemeine

Schreiben Sie mir: j.hollitzer@thueringer-allgemeine.de

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