Erfurt. Übervolle Wartezimmer in vielen Arztpraxen scheinen zu bestätigen, dass Thüringen mehr Mediziner benötigt. Ärzteverbände meinen, dass es deshalb mehr Medizin-Studienplätze geben muss.

Um ihrer Forderung nach mehr Medizinstudienplätzen in Thüringen Nachdruck zu verleihen, haben sich jetzt erstmals mehrere Ärztevertretungen gemeinsam an das Wissenschaftsministerium gewandt. Zum Auftakt der Medizinischen Fortbildungstage in Erfurt erklärten die Spitzen von Landesärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung, Landeskrankenhausgesellschaft und dem Thüringer Verband der leitenden Krankenhausärzte am Mittwochvormittag, zur Bekämpfung des Ärztemangels brauche Thüringen mindestens 20 bis 30 Medizinstudienplätze mehr.

Symbolbild. Foto: Sascha Fromm
Symbolbild. Foto: Sascha Fromm © zgt

Längere Lebenszeiten und komplexere Krankheitsbilder führten zu mehr Arztkontakten und Behandlungsfällen, sagte die Präsidentin der Landesärztekammer, Ellen Lundershausen. „Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte wächst insgesamt zu langsam, um diese Herausforderung zu bewältigen. Wenn die Politik nicht endlich mit mehr Studienplätzen in der Humanmedizin gegensteuert, wird der demografische Wandel zu erheblichen Engpässen bei der gesundheitlichen Versorgung führen“, so die Kammerchefin. Andere Bundesländer hätten bereits reagiert, in Thüringen aber sperre sich das Wissenschaftsministerium seit Langem aus Kostengründen gegen eine Studienplatzerhöhung. Um junge Ärzte in Thüringen zu halten, sprach sich die Kammerchefin zudem sowohl für eine Landeskinderquote als auch für eine Landarztquote aus.

Die KV-Vorsitzende Annette Rommel sagte, junge Ärzte legten heute mehr Wert auf eine vernünftige work-life-balance und erwarteten die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. „Durch die kürzlich geänderte Bedarfsplanung könnten ab 2020 rund 265 Ärzte mehr beschäftigt werden. Dafür müssen genügend Ärzte vorhanden sein. Am besten funktioniert das mit Medizinern, die auch vor Ort ausgebildet werden“, sagte Rommel.

Laut Universität Jena beginnen derzeit in jedem Herbst 260 Erstsemester ein Medizinstudium in der Saalestadt, etwa 90 Prozent von ihnen schließen es erfolgreich ab, die Regelstudienzeit betrage 12,5 Semester. Die Medizinische Fakultät erklärte, man stehe einer einer Erhöhung der Studienplatzanzahl offen gegenüber. Allerdings dürfe dies nicht zu Lasten der akademischen Ausbildungsqualität gehen. „Dies bedarf erheblicher Investitionen seitens des Landes. Das Medizinstudium muss ein wissenschaftliches Studium in der Universitätsmedizin bleiben“, so Sprecherin Annett Lott. Eine Erhöhung der Zulassungszahlen um 10 Prozent würde 26 weitere Studierende und damit mehr als eine zusätzliche Seminargruppe bedeuten, was Mehrkosten von langfristig weit über sechs Millionen Euro pro Jahr verursachen würde.