Unstrut-Hainich. Bürgermeisterwahl der Landgemeinde Unstrut-Hainich (2): Der ehemalige Ausklingler von Großengottern

Andreas Schein (parteilos) spielt im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt nicht mit. Jedenfalls nicht nach den herkömmlichen Regeln der Wählerwerbung. Wer von ihm ein Plakat in Großengottern oder den anderen fünf Orten sucht, wird nicht fündig. Aus seiner Sicht gibt es eine direkte Verbindung zwischen den Laternen voller Konterfeis und der vorherrschenden Politikverdrossenheit der Bevölkerung.

„Ich habe mich entschlossen, diesen Wahnsinn nicht mitzumachen. Ich möchte bewusst schauen, wie die Menschen reagieren, wenn einer das nicht mitmacht“, sagt er. Um sich bei den Wählern vorzustellen spreche er mit Menschen, besuche Vereine und Veranstaltungen, höre sich Probleme und Meinungen an. Auch konkrete Wahlversprechen werde er nicht geben. „All das was die anderen Kandidaten wollen will ich auch. Ich kann nur noch nicht sagen wie. Das kann ich erst, wenn ich mir ein Bild gemacht habe, wie es in der Landgemeinde aussieht. Der Startschuss ist am 1. Juli, dem ersten Arbeitstag des neuen Bürgermeisters“, sagt er.

Andreas Schein rückt sich damit selbst in die Rolle des Außenseiters. Einerseits ist er das – denn lokalpolitisch aktiv war der 57-Jährige als einziger der Kandidaten bisher nicht. Andererseits ist er in der Landgemeinde beileibe kein Unbekannter. 15 Jahre war er als Ausklingler in Großengottern präsent, seit 1997 ist er Präsident des Karnevalvereins St. Bock.

Aufgewachsen ist er in Altengottern bis seine Eltern nach Mühlhausen umzogen. Dort legte er sein Abitur ab. An der Offiziersschule der Landstreitkräfte machte er einen Abschluss als Tiefbauingenieur. „Dann bin ich zu den Grenztruppen und habe dort 1983 angefangen und die Selbstschussanlagen abgebaut, habe 1985 Minen geräumt und habe 1989 im Raum Ifta und im Raum Großburschla die Grenze aufgemacht. Wir habe die Zäune abgebaut und in Ifta eine Kontrollstelle eingerichtet“, berichtet er. 1994 zog er mit seiner Frau nach Großengottern. Seine Großmutter stammte aus Heroldishausen. Andreas Schein ist in der Region verwurzelt.

Seine Brötchen verdient er als Versicherungskaufmann und ist dafür quer in der Republik unterwegs, Der Beruf des Bürgermeisters ist ein anderer. Die Herangehensweise ist aus Sicht von Andreas Schein aber ähnlich. „Ich gehe auf die Menschen zu, mache mir ein Bild der Situation und komme nicht gleich mit dem Besen, um alles anders zu machen. Für die fachlichen Dinge, gibt es Mitarbeiter die das können.“ Im Vereinsleben habe er gelernt, verschiedene Ansichten zu einer befriedigenden Lösung zusammenzuführen.

Die Entscheidung für die Kandidatur fiel Andreas Schein zufolge, weil es sonst keinen Bewerber aus Großengottern gegeben hätte. „Offenbar sah sich von unseren Gemeinderäten keiner in der Lage, für den größten Ort der Landgemeinde aktiv zu werden. Die Aktivitäten anderer Kandidaten gehen aus meiner Sicht gar nicht. Wir haben in der Verwaltungsgemeinschaft seit der Wende viel geschaffen, das will ich nicht aufs Spiel setzen“, sagt er.

Einer Partei hat er sich für die Kandidatur nicht angeschlossen. „Ich war einmal in einer Partei. Der SED-Beitritt mit 18 Jahren war ein Fehler, dazu stehe ich. Mich vor dieser Wahl einer Partei anzuschließen, nur um auf einer Liste zu stehen, kam für mich nicht in Frage.“

Auch wenn Andreas Schein ohne Partei und ohne Wahlplakate antritt – zum Wahltag am 26. Mai wird auch er mit Spannung auf das Ergebnis warten. Zur Ablenkung habe er sich Freunde eingeladen, um im heimischen Garten zu Grillen.