Erfurt. Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl diskutiert mit Bürgern im Erfurter Rathaus und wird dabei ganz persönlich.

Ziemlich schnell wird es persönlich. Katarina Barley, die Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, ist zum Wahlkampf nach Erfurt gekommen. Im Rathaus diskutiert sie mit etwa 80 Bürgern. Davor steht aber eine große Frage an sie: Was bedeutet ihr Europa?

Barley, ihr Vater ist Brite und ihre Mutter Deutsche, spricht in bedachten Sätzen. Ihr Vater sei ein Kind gewesen, als die Bomber im Zweiten Weltkrieg in den Himmel stiegen. Er habe ihnen zugejubelt – als Steppke. Diese Bomber flogen gen Deutschland, wo ihre Mutter, damals ebenfalls noch ein Kind, genau vor solchen Bombern entkommen musste. Ein bizarres Bild. Ein Bild aber, dass Katarina Barley zu diesem Satz veranlasst, der beschreiben soll, was für sie Europa ist: „Der Friedensgedanke ist für mich elementar.“ Sie rechne in diesem Jahr mit einer bedeutend höheren Wahlbeteiligung als bei vergangenen Europawahlen, weil sie den Eindruck habe, dass dieser Friedensgedanke viele Menschen in Europa umtreibt.

Kritik am Uploadfilter

Dass Europa die Antwort ist, wie es die Kampagne der Sozialdemokraten sagt, versucht die Noch-Justizministerin bei allen Antworten zu vermitteln. 90 Minuten hat sie Zeit, nur etwa die Hälfte davon wird dem Dialog mit Bürgern gewidmet. Zuvor sprechen sowohl Barley als auch die Thüringer SPD-Spitzenkandidatin Babette Winter, der allerdings wenig Chancen auf den Einzug ins EU-Parlament eingeräumt werden.

Beim Dialog – die Fragen, das wird live deutlich, sind nicht abgesprochen oder bestellt – geht es um die Unabhängigkeit der Justiz, aber auch um die Uploadfilter aus dem umstrittenen Artikel 13 der Urheberrechtsreform. Den kritisiert Frank Ruddigkeit aus Erfurt. Barley verteidigt das Vorgehen der Zustimmung, auch wenn sie den Artikel, das gesteht sie ein, falsch findet. „Man kann nicht nur über einen Artikel abstimmen.“

Selbst von Frauenquote profitiert

Fragen nach dem Initiativrecht für das EU-Parlament muss die Juristin genauso beantworten wie nach einer Frauenquote. Auch hier wird sie persönlich und gesteht ein: „Ich wäre ohne die Quote auch nicht dahin gekommen, hätte nicht diesen guten Listenplatz erhalten.“

Ihre Überzeugung mit Blick auf ihr Amt in der Bundesregierung ist aber, dass sie es aktuell genauso gut mache, „wie es ein Mann an meiner Stelle auch machen würde“. Die Sozialdemokratin bekommt bestätigenden Applaus des ihr sehr wohl gesonnenen Publikums.