Sömmerda/Apolda/Eichsfeld. Das Innenministerium erklärt: „Schnittmengen zu rechtsextremistischen Gruppierungen und Reichsbürgerbewegung“. Eichsfeld, Sömmerda und Apolda sind besonders im Fokus.

Sie haben in Frankreich gegen höhere Besteuerung von Diesel demonstriert. Später fordern sie die Absenkung aller Steuern – in den ersten Tagen haben „Gelbwesten“ in Paris Tausende Menschen auf die Straße gebracht.

Das war im November 2018. Nur wenige Wochen dauert es, bis die Protestwelle Deutschland erreicht. In Thüringen kommt sie im Dezember an, wie Erkenntnisse des Innenministeriums belegen.

An jenem Freitag stehen Menschen, die als Erkennungszeichen gelbe Warnwesten tragen, auf der Brücke der Autobahn 38 bei Wingerode im Eichsfeld. Sie haben Deutschlandfahnen dabei, winken Autofahrern zu – Ziele: nicht bekannt.

Es dauert zwei Monate, bis sie im Eichsfeld erneut in Erscheinung treten. Zwischendurch registriert das von SPD-Minister Georg Maier (SPD) geführte Haus weitere Veranstaltungen in Sömmerdaund Apolda von anderen Gelbwesten-Gruppen. 41 Mal versammeln sich bis Ende März, so die behördlichen Erkenntnisse, Personen in Heiligenstadt, Sömmerda und Apolda. Zwei Ermittlungsverfahren der Polizei wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Beleidigung dauern im Zusammenhang mit diesen Bewegungen an.

Seit Ende März dürften noch weitere Veranstaltungen hinzugekommen, sodass die Gesamtzahl mittlerweile bei weit über 50 liegen dürfte. Meist verfolgen diese als Spaziergänge oder Kundgebungen deklarierten Veranstaltungen kein klares politisches Ziel – abgesehen von Protest.

Bei „Patrioten“ und „Reichsbürgern“

Das Thüringer Innenministerium hat bisher kaum Erkenntnisse über die Beweggründe sowie die Zusammensetzung der Gruppen, schreibt in der Antwort auf eine „Kleine Anfrage“ des CDU-Innenpolitikers Raymond Walk – das Dokument liegt dieser Zeitung vor – von einem „Mobilisierungspotenzial im niedrigen zweistelligen Bereich“.

Gleichwohl das Ministerium feststellt, dass „Erkenntnisse einer gezielten Steuerung [...] durch Rechtsextremisten“ nicht vorliegen, sind aber dennoch personelle Überschneidungen registriert worden. So tauchten bei Veranstaltungen der Gelbwesten Personen auf, die zuvor bereits bei Veranstaltungen von rechtsextremistischen Gruppierungen oder Reichsbürgern registriert wurden.

Wie fließend die Grenzen dabei sein können, zeigt ein Blick auf die Aktivitäten der Gruppen in den sozialen Medien, aber auch auf der Straße. Dort werden, wie im Februar in Heiligenstadt, Flyer verteilt mit indirekten Bezügen zur neuen Rechten, wie beispielsweise der Identitären Bewegung, der vom Verfassungsschutz „rechtsextreme Bestrebungen“ attestiert werden.

In mindestens einer Facebook-Gruppe werden Beiträge der rechten Initiative „Erfurt zeigt Gesicht“ weiterverbreitet, die in der Vergangenheit immer wieder gegen den dortigen Moscheebau mobilisiert hat und regelmäßig den rechtspopulistischen Verein „Pax Europa“ bewirbt, der wiederum im Visier des bayrischen Verfassungsschutzes steht.

In Weimar nahmen Anhänger der gelben Westen an einer Demo der rechten Bewegung „Patrioten für Deutschland“ und in Zella-Mehlis an Veranstaltungen eines Reichsbürgervereins „Staatenlos“ teil.

Kundgebung von „Gelbwesten“ in Sömmerda und auf A71-Brücke

Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich.
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich. © zgt
Die Kundgebung dauerte nach Angaben der Polizei ca. 40 Minuten und verlief ohne Vorkommnisse. Anschließend begaben sich die Gelbwesten auf eine Autobahnbrücke in der Nähe der Autobahnabfahrt Sömmerda-Ost auf der A 71.
Die Kundgebung dauerte nach Angaben der Polizei ca. 40 Minuten und verlief ohne Vorkommnisse. Anschließend begaben sich die Gelbwesten auf eine Autobahnbrücke in der Nähe der Autobahnabfahrt Sömmerda-Ost auf der A 71. © zgt
Dort versammelten sie sich gegen 13 Uhr ohne Erlaubnis bzw. Anmeldung und mit Transparenten. Unter anderem stand laut MDR auf den Transparenten Klagt nicht, kämpft.
Dort versammelten sie sich gegen 13 Uhr ohne Erlaubnis bzw. Anmeldung und mit Transparenten. Unter anderem stand laut MDR auf den Transparenten Klagt nicht, kämpft. © zgt
Die Polizei erließ daher Auflagen für die Versammlung und verlegte die Kundgebung nach eigenen Angaben aus dem Gefahrenbereich der Autobahn.
Die Polizei erließ daher Auflagen für die Versammlung und verlegte die Kundgebung nach eigenen Angaben aus dem Gefahrenbereich der Autobahn. © zgt
Daraus resultierende versammlungsrechtliche Verstöße prüfen die Beamten nun.
Daraus resultierende versammlungsrechtliche Verstöße prüfen die Beamten nun. © zgt
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich.
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich. © zgt
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich.
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich. © zgt
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich.
Am Sonnabend gegen 12 Uhr demonstrierten ca. 25 Personen mit gelben Westen zunächst auf dem Marktplatz in Sömmerda und erklärten sich damit solidarisch zu den Protesten in Frankreich. © zgt
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