Erfurt. In der Schleusingen laufen regelmäßig Hunderte Menschen bei Demos mit, hinter denen Rechtsextremisten stehen. Verfassungsschutzpräsident Kramer sieht dahinter eine Strategie.

Rechtsextremisten werden nach Einschätzung von Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer verstärkt mit den Themen Zuwanderung und Asyl versuchen, Menschen für ihre politischen Ziele zu gewinnen. "Ich gehe im Moment davon aus, dass ganz massiv das Thema Asyl und Flüchtlinge richtig wieder hochgekocht wird", sagte Kramer der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Es gehe darum, Emotionen von Bürgern zu nutzen und diese für die eigenen politischen Ziele zu gewinnen. Das zeige sich etwa an den Demonstrationen gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Schleusingen (Landkreis Hildburghausen).

"Wenn man sich anguckt, wer dort zu den Organisatoren und auch zu den Hauptsprechern bei den Veranstaltungen gehört - dann sind das erwiesene Rechtsextremisten", sagte Kramer. Zugleich müsse man unterscheiden: Nicht alle, die dort mitliefen, seien Neonazis. "Aber wer hinter solchen Leuten hinterherläuft, der muss sich im Klaren sein, mit wem er da gemeinsame Sache macht."

In der südthüringischen Kleinstadt Schleusingen gehen seit Wochen Hunderte bei Demonstrationen gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft auf die Straße. Ende April waren es nach Polizei-Angaben rund 670 Demonstrantinnen und Demonstranten sowie etwa 70 Gegendemonstranten. Am Mittwoch ist erneut eine Demo gegen die Unterkunft geplant.

80 bis 100 Flüchtlinge sollen kommen

Hintergrund der Demonstrationen sind Pläne des Landkreises Hildburghausen, ein ehemaliges Krankenhaus zu einer Unterkunft für Flüchtlinge zu ertüchtigen. Das Gebäude steht seit kurzem komplett leer. Ziel des Landkreises ist es, 80 bis 100 Flüchtlinge in dem Gebäude unterzubringen.

Zu den Mitorganisatoren des Protests gehört laut Sicherheitskreisen ein bundesweit bekannter Neonazi, der unter anderem regelmäßig rechtsextreme Konzerte organisiert und in der Region auch kommunalpolitisch in Erscheinung getreten ist.

Kramer sagte, dass dieser Neonazi keinen Hehl daraus mache, ein Rechtsextremist zu sein. Es sei mehr als ein Warnsignal, dass er inzwischen in der Region akzeptiert sei. "Er wird im Grunde - und das hat er ja die ganze Zeit schon versucht - als Vertreter der Interessen eines Teils der Bevölkerung angesehen." Das sei gefährlich. Kramer machte darauf aufmerksam, dass es in der Region auch Gegendemos gebe - und Menschen, die sich gegen rechts engagierten. Dass bei den Demos aus dem rechten Spektrum aber Hunderte Menschen mitliefen, sei alarmierend.

"Das Geschäftsmodell ist ganz klar: Es geht darum, Emotionen in der Bevölkerung in eigene Wählerstimmen umzumünzen. Das macht die AfD genauso", sagte Kramer.

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