Berlin. Der Medienverband der freien Presse ehrt das slowakische „Investigative Center of Ján Kuciak“ für mutigen, vorbildlichen Journalismus.

Der erste „Pressefreiheitspreis“ ehrt einen Toten: Ján Kuciak. Der slowakische Enthüllungsjournalist wurde 2018 gemeinsam mit seiner Verlobten östlich von Bratislava von einem Auftragskiller erschossen. Er war, so sagt es Julia Becker, Vorsitzende des Aufsichtsrats und Verlegerin der Funke Mediengruppe, beim Medienkongress der freien Presse in Berlin, „der Wahrheit auf der Spur“. Kuciak hatte Verbindungen zwischen Politikern und der organisierten Kriminalität im EU-Land Slowakei aufgedeckt.

„Er steht für die vielen Journalistinnen und Journalisten, die sich nicht einschüchtern lassen, für die Wahrheit zu kämpfen und dabei viel riskieren, mitunter sogar Leib und Leben“, so Becker. Deshalb vergab der Medienverband der freien Presse (MVFP) den Preis an das „Investigative Center of Ján Kuciak“ (ICJK) und dessen Chefredakteur und Chairman Lukáš Diko. Er nahm die Auszeichnung aus den Händen von Philipp Welte, MVFP-Vorstandsvorsitzender, und Julia Becker entgegen.

Julia Becker: „Sie sorgen dafür, dass der Tod von Ján Kuciac nicht umsonst war“

Diko trug einen Anstecker an seinem Anzug. „All for Jan“ war darauf zu lesen - „Alle für Jan“, und er bedankte sich für die Unterstützung. „Wir wissen diesen Preis in aller Bescheidenheit sehr zu schätzen. Immer wieder müssen wir daran erinnern, dass die Mörder von Ján Kuciak ihm aufgrund seiner Ermittlungen sinnlos das Leben nahmen“, sagte der Chefredakteur. Auch heute noch seien die freien Medien beispiellosen Angriffen ausgesetzt: „Wenn wir die Freiheit der Medien nicht schützen, werden wir auch die Demokratie und ihre Werte nicht schützen.“

Die Funke-Verlegerin lobte in ihrer Laudatio die Arbeit des Investigativ-Teams. „Sie sorgen dafür, dass der Tod von Ján Kuciac nicht umsonst war, dass alles ans Licht kommt: Täter, Auftraggeber, Hintermänner, die unterschiedlichsten Verbindungen und Zusammenhänge.“ Der Preis sei Ausdruck „unserer großen Dankbarkeit, dass Sie und Ihr Team – lassen Sie es mich aus voller Überzeugung etwas emotional, ja, pathetisch formulieren – die Fackel der Freiheit weitertragen“, sagte Julia Becker. Philipp Welte, Vorstand von Hubert Burda Media, nannte den mit 10.000 Euro dotierten Preis „ein sichtbares Zeichen für Presse- und Meinungsfreiheit“.

Bedrohungen und Behinderungen der freien Pressearbeit auch in Deutschland

Becker nahm in ihrer Rede auch die Verleger in die Pflicht, die der Vater von Jan Kuciak, Jozef Kuciak, in einer Videobotschaft einmal einen „der Pfeiler der Demokratie“ nannte. „Unsere Aufgabe ist es, Orientierung zu ermöglichen und zu geben, das sollten wir Verlegerinnen und Verleger uns immer wieder klar machen.“ Konkret bedeute das: „Wir sind gefordert, unseren Journalistinnen und Journalisten die besten Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, sie zu bestärken und zu unterstützen beim Aufspüren der Wahrheit, sie niemals allein zu lassen und – ganz wichtig – mit unserer ganzen Kraft hinter ihnen zu stehen, wenn sie in ihrer Arbeit behindert werden.“

Bedrohungen und Behinderungen der freien Pressearbeit gibt es auch in Deutschland. Die Zahl der Über- und Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten steigt. Julia Becker forderte eindringlich, dass die „staatliche Gewalt alles dafür tun möge, um Vertreterinnen und Vertreter der Presse zu beschützen“. Denn der Stand der Pressefreiheit sei Indikator für den Grad der Freiheit in einer Gesellschaft: „Ohne Pressefreiheit, keine Meinungsfreiheit.“

Becker appellierte an alle Verlegerinnen und Verleger, gemeinsam dafür zu arbeiten, „dass unabhängiger Journalismus eine Zukunft hat und versprach dem Preisträger und seinem Team, dass Ján Kuciac und seine Nachfolgerinnen und Nachfolger „ein großes Vorbild“ bleiben werden. Der Auftragsmörder von Ján Kuciac und seiner Verlobten Martina Kusnirová wurde inzwischen verurteilt. Der mutmaßliche Auftraggeber, der slowakische Geschäftsmann Marian Kocner, der über beste Kontakte in die Politik verfügte, wurde vor wenigen Wochen freigesprochen – aus Mangel an Beweisen.