Berlin. Die Debatte über die geschlechtergerechte Sprache ist vollkommen überdreht. Die freie Gesellschaft hält viel aus – sogar das Gendern.

Es gibt Leute, die haben diesen Freitag zu einem Schicksalstag erklärt. Und zwar für die deutsche Sprache. Was ist geschehen? Nicht viel. In Eupen, dem Hauptort des deutschsprachigen Teils von Belgien, ist der Rat für deutsche Rechtschreibung zusammengekommen. Die Experten haben die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Orthografie im deutschen Sprachraum zu wahren und die Rechtschreibung weiterzuentwickeln.

Bei ihrer Sitzung am Freitag befassten sich die Fachleute auch mit dem Gendern und der Frage, ob die Verwendung von Sternchen oder Doppelpunkten im Innern von Wörtern orthografisch korrekt sein kann. Die Experten debattierten hitzig und beschlossen dann, das Phänomen weiter zu beobachten.

Gendern: Im Zweifel für die Lesbarkeit

Ein Schicksalstag der deutschen Sprache war der Freitag bestimmt nicht. Das Gendern, also die geschlechtergerechte Sprache, wird nicht offiziell und schon gar keine Pflicht. Es ist gut, dass die Fachleute ihre Arbeit machen. Doch was die öffentliche Debatte übers Gendern betrifft, so täte vielen Protagonisten mehr Gelassenheit gut.

Thorsten Knuf, Politik-Korrespondent
Thorsten Knuf, Politik-Korrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Und zwar gleichermaßen Befürwortern wie Gegnern des Genderns. Es gibt Politiker, die kein anderes Thema zu haben scheinen. Sie sollten sich ernsthaft fragen, ob sie ihren Beruf verfehlt haben. Jeder soll so reden, wie er mag – ob privat, öffentlich oder in Rundfunk und Fernsehen. Die freie Gesellschaft hält das aus.

Wer glaubt, innerhalb von Wörtern Sternchen oder Doppelpunkte verwenden zu müssen, kann das tun. Er sollte sich aber fragen, ob das der Lesbarkeit von Texten dient und Menschen hilft, die die deutsche Sprache erlernen oder sich aus anderen Gründen mit ihr schwertun. Für Kampagnen und Kulturkämpfe eignet sich das Thema nicht.

Lesen Sie auch: Gendern – Deutscher Rechtschreibrat ändert Empfehlung nicht