Berlin. “Nicht in dieser Legislatur“: Finanzminister Christian Lindner hat der Abschaffung des Ehegattensplittings eine klare Absage erteilt.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat einer zeitnahen Abschaffung des Ehegattensplittings eine Absage erteilt. „Das wird nicht kommen in dieser Wahlperiode des Deutschen Bundestages“, sagte der Finanzminister im „Interview der Woche“ von BR24. Der Schritt sei weder in der Koalition verabredet noch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler fair. „Die arbeitende Mitte in unserem Land trägt bereits hohe Lasten und darf nicht weiter belastet werden. Ich werte das bereits als Wahlkampfmelodie für das Jahr 2025.“

SPD-Chef Lars Klingbeil hatte die Teilabschaffung des Ehegattensplittings anstelle von Einsparungen beim Elterngeld vorgeschlagen und damit Diskussionen innerhalb der Ampel-Koalition ausgelöst. „Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

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Abschaffung des Ehegattensplittings: SPD-Ministerpräsident spricht sich dafür aus

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) unterstützt Klingbeils Vorstoß. „Das Ehegattensplitting aus der Adenauerzeit hat das Bild vor Augen, dass die Frau zu Hause ist und sich um Heim, Herd und Kind kümmert, während der Mann das Familieneinkommen beschafft. Diese Einstellung hat sich gründlichst verändert“, sagte Weil der Deutschen Presse-Agentur in Hannover.

Frauen und Männer sollten bei Beruf und Familie gleichberechtigt sein, sagte der SPD-Politiker weiter. Es gebe auch viele Partnerschaften, die außerordentlich stabil seien, aber auf einen Trauschein verzichteten. „Deswegen ist die Frage berechtigt, ob diese steuerliche Regelung noch zeitgemäß ist.“ Als sinnvoll bezeichnete es der Regierungschef, dass Klingbeil seinen Vorstoß ausdrücklich nur auf neu zu schließende Ehen bezogen hat. „Damit stößt man die Paare, die sich darauf eingestellt haben, nicht vor den Kopf“, sagte Weil.

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Ehegattensplitting: Experten werben für andere Familienunterstützung

Auch andere Experten sprechen sich seit Langem gegen das Ehegattensplitting aus – und für andere Formen der Familienunterstützung. So sagte etwa die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, der „Rheinischen Post“: „Das Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form ist nicht geeignet, um Familien mit Kindern zu fördern.“ Es entlaste verheiratete Paare, unabhängig davon, ob Kinder in der Familie vorhanden sind. Unverheiratete Paare mit Kindern sowie alleinerziehende Mütter und Väter profitierten nicht davon.

„Eine armutsfeste Kindergrundsicherung, die direkt bei allen Kindern ankommt und unbürokratisch ausgezahlt wird, wäre eine familienpolitisch sinnvolle Alternative.“ Das könnte ein Mindestbetrag sein, der ähnlich wie das jetzige Kindergeld ausgezahlt und der einkommensabhängig bis zu einem Maximalbetrag aufgestockt werde. „So würden jene Familien mit Kindern entlastet, die es am meisten brauchen.“

Beim Ehegattensplitting wird das gemeinsame Einkommen eines Paares halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.

Dass sich an der derzeitigen Regelung zeitnah etwas ändert, ist nicht zu erwarten. Bereits am Freitag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigt, dass die Ampel-Koalition keine Abschaffung des Splittings ins Auge fasse. Ihm sei wichtig, dass sich das Regierungshandeln daran orientiere, was im Koalitionsvertrag vereinbart sei. In dem Vertrag haben sich SPD, Grüne und FDP nicht darauf verständigt, das Ehegattensplitting abzuschaffen. (fmg/dpa)