New York. Ian Alvarez kämpft für mehr Nachhaltigkeit in Mexiko. Der Klimawandel zeigt sich dort bereits jetzt: „Es wird katastrophal”, sagt er.

„Wenn der Klimawandel nicht gestoppt wird, dann wird er unsere Gemeinde zerstören“, erklärt Ian Alvarez Galan aus dem Bundesstaat Querétaro im Zentrum von Mexiko. Die Heimat des 18-Jährigen steht bereits jetzt vor extremen klimatischen Herausforderungen. „In meinem Bundesstaat gibt es jedes Jahr Überschwemmungen, die immer wieder Menschenleben kosten”, erzählt der junge Mexikaner. So hätten auch in diesem Monat extreme Regenfälle zu Überflutungen geführt. „Ich konnte an mehreren Tagen nicht zur Schule gehen, weil die Straßen blockiert waren”, berichtet Galan.

Auf der anderen Seite wird die Gegend von extremen Dürren geplagt. Durch Rekordtemperaturen von 40 Grad und einer besonders langanhaltenden Hitzewelle sind die Wasserstände in den Talsperren mit durchschnittlich 12,5 Prozent so niedrig wie noch nie zuvor.

Der Wassermangel stellt die Gemeinde Querétaro vor eine Verteilungsfrage. Die Viehzüchter aus der Gegend sind auf das Wasser angewiesen, genau wie die Lebensmittelproduzenten. Dazu kommt der tägliche Wasserbedarf der Bewohner selbst. „Es gibt viele Gemeinden, die kein fließendes Wasser und keinen Strom haben und in denen Kinder kilometerweit laufen müssen, um Grundbedürfnisse wie Wasser abzudecken”, erzählt Galan. Mehr zum Thema lesen: Wasser "ernten"? Faszinierende Methode in Kampf gegen Dürre

Extreme Hitze stellt mexikanische Gemeinde vor Herausforderungen

Vor allem die Ungerechtigkeit in der Verteilung regt den jungen Mann auf: „Man sieht Menschen, die in Slums leben, und andere, die einen verschwenderischen Lebensstil pflegen und dabei Ressourcen und Geld verschwenden”, beschreibt er die Situation.

Seine Familie kämpft vor allem mit den Folgen der Hitze in ihrem eigenen Garten. „Zu Hause bauen wir Gemüse an und das wird mit der Zeit immer schwieriger”, erzählt er. Besonders problematisch sei dies, weil der Ertrag aus dem Garten eigentlich die Lebensmittelausgaben entlasten soll. Mehr zum Thema: Hitze und Klimawandel – Wird das Trinkwasser in Deutschland knapp?

Auch der Alltag wird durch das Extremwetter beeinflusst. „Meine zwei kleinen Brüder können wegen der Hitze manchmal nicht draußen spielen”, berichtet Alvarez Galan. Zusätzlich stellt die Luftverschmutzung die Gemeinde vor Herausforderungen. „Manchmal ist die Luft so ekelhaft, dass wir nicht in das Stadtzentrum gehen können, um Leute zu treffen oder Sport zu treiben”, erklärt er und ergänzt: „Wir atmen buchstäblich die Umweltverschmutzung ein.”

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Alle diese Erfahrungen legen die Grundlage für das Engagement von Ian Alvarez Galan. Der 18-Jährige setzt sich mit der Unterstützung von lokalen Organisationen für die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ein.

Diese sogenannten Ziele für nachhaltige Entwicklung (engl.: Sustainable Development Goals, SDGs), auch Agenda 2030 genannt, wurden 2015 von den 193 Mitgliedsstaaten der UN verabschiedet. Geeinigt wurde sich auf 17 Ziele, die bis 2030 nachhaltige Fortschritte auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene vorantreiben sollen. Vor allem die Ziele, die sich auf den Klimawandel beziehen, wie „sauberes Wasser“, „nachhaltige Städte“ oder „Maßnahmen zum Klimaschutz“, liegen im Fokus des Engagements von Galan.

Ian Alvarez Galan – der junge Mexikaner setzt für Nachhaltigkeit ein, weil seine Heimat bereits jetzt unter den extremen Folgen des Klimawandels leidet.
Ian Alvarez Galan – der junge Mexikaner setzt für Nachhaltigkeit ein, weil seine Heimat bereits jetzt unter den extremen Folgen des Klimawandels leidet. © Laura Höring | Laura Höring

UN-Nachhaltigkeitsziele werden kaum umgesetzt

Dass Engagement nötig ist, zeigt die schlechte Halbzeitbilanz der Nachhaltigkeitsziele in diesem Jahr. Der japanische Wissenschaftler Norichika Kanie zog vor kurzem auf dem Nachhaltigkeitsforum der Vereinten Nationen in New York ein ernüchterndes Zwischenfazit: „Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele stagniert derzeit bei 12 bis 17 Prozent”, erklärt er.

Die Ursache liege laut ihm in den weltweit multiplen Krisen wie der Covid-19-Pandemie. „Außerdem sehen wir einen negativen Trend in Bezug auf die Umweltziele und eine wachsende Kluft zwischen Ländern mit hohen und niedrigen Einkommen”, ergänzte der Autor des aktuellen globalen Nachhaltigkeitsberichts.

Am Beispiel Mexiko wird deutlich, wie viele Probleme der Nachhaltigkeit auch nach der Hälfte der Umsetzungsphase auf der Strecke geblieben sind. Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht belegt das Land Platz 80 von 166. Deutschland liegt auf Platz fünf, hat aber noch Herausforderungen bei den Themen nachhaltiger Konsum und Maßnahmen zum Klimaschutz vor sich. Die Probleme Mexikos liegen vor allem im Schutz von Meeres- und Landressourcen, sauberem Trinkwasser und der Ernährungssicherheit.

Alvarez Galan glaubt nicht, dass die Nachhaltigkeitsziele wirklich etwas verändern können. Für ihn sind sie lediglich eine Richtungsanweisung. Stattdessen fordern er und verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen Handlungsempfehlungen und konkrete Schritte in Richtung einer weltweiten Nachhaltigkeit. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft an politischen Prozessen sei dabei essenziell.

Alvarez Galan: „Die Folgen des Klimawandels betreffen uns schon jetzt“

Eine Möglichkeit, konkrete Wege bis zum Ende der Agenda 2030 aufzuzeichnen, könnte der SDG Summit im September sein. Bei diesem Gipfel treffen sich die Staats- und Regierungschefs, um eine politische Erklärung zu den Nachhaltigkeitszielen auszuhandeln. Sollten danach weiterhin konkrete Umsetzungsvorschläge fehlen, könnten sich die Probleme in der Heimat von Alvarez Galan um einiges verschlechtern. Zwar versuchen er und andere junge Mexikanerinnen und Mexikaner derzeit Gesetze zu verändern und damit nachhaltige Prozesse zu beschleunigen – aber die Prognosen sehen dramatisch aus.

Interaktives Projekt: 3D-Globus zeigt, wo die Erde durch den Klimawandel unbewohnbar wird

„Er wird katastrophal sein und wahrscheinlich unsere Gemeinschaft zerstören”, beschreibt Gomez die Zukunftsaussichten seiner Heimatregion, wenn die klimatischen Veränderungen nicht aufgehalten werden. „Der Klimawandel hat Auswirkungen auf alles, was unsere Gemeinschaft ausmacht”, sagt der 18-Jährige und appelliert, „die Folgen des Klimawandels sind nicht etwas, das eines Tages passieren wird. Sie betreffen uns schon jetzt, und das muss sich so schnell wie möglich ändern.”

Die Recherche wurde von der Deutschen Gesellschaft der Vereinten Nationen und dem Pressenetzwerk für Jugendthemen e.V. organisiert sowie vom Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert.