Berlin. In Indien sind zwei Menschen nach einer Nipah-Infektion gestorben. Virologe Schmidt-Chanasit erklärt, was das für Deutschland heißt.

Wieder ein Virus, das vielen Menschen in Europa unbekannt ist, das von Tieren übertragen wird und eine schwere Erkrankung auslösen kann: Im südindischen Bundesstaat Kerala sind zwei Menschen nach der Infektion mit dem Nipah-Virus gestorben, vier weitere Infektionen sind laut den Behörden bestätigt, Hunderte Kontaktpersonen seien auf den Erreger getestet worden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt Nipah auf einer Liste mit Viren, denen sich die Forschung verstärkt widmen sollte. Für Europa gibt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin jedoch Entwarnung: „Das Nipah-Virus spielt für Deutschland und Europa kaum eine Rolle“, sagt er. Ähnlich wie bei Ebola wäre ein importierter Fall eine absolute Rarität.

Nipah-Virus: Übertragung auch von Mensch zu Mensch

Nipah ist wie Ebola, das Marburg-Virus oder auch Sars-CoV-2 ein Zoonose-Erreger. Er stammt von Tieren und kann auf den Menschen übertragen werden. Ausbrüche hat es seit Ende der 90er Jahre nur in Asien gegeben. „Das Nipah-Virus kommt in Flughunden vor, kann aber auch durch den Kontakt mit Zwischenwirten wie Schweinen und Pferden auf den Menschen übertragen werden“, sagt Schmidt-Chanasit, der auch die Nipah-Diagnostik bei Verdachtsfällen in Deutschland durchführt.

Die Übertragung finde zum Beispiel über durch Flughunde kontaminiertes Essen oder Wasser statt oder durch den Kontakt zu infizierten Zwischenwirten, etwa bei der Schlachtung. Auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich.

Die Sterblichkeit nach einer Nipah-Infektion liegt laut der WHO bei 40 bis 75 Prozent. Eine Behandlung oder Impfung gibt es bislang nicht, „aber es gibt erste Daten zu einer antiviralen Therapie mit Ribavirin, mit der die Fallsterblichkeit reduziert werden könnte“, sagt Schmidt-Chanasit. Auch an einer Impfung werde gearbeitet.

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Der Virologe Jonas Schmidt Chanasit arbeitet am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und führt die Nipah-Diagnostik bei Verdachtsfällen in Deutschland durch.
Der Virologe Jonas Schmidt Chanasit arbeitet am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und führt die Nipah-Diagnostik bei Verdachtsfällen in Deutschland durch. © picture alliance / PublicAd | Public Address/PB

Diese Symptome können nach einer Nipah-Infektion auftreten

Nach der Ansteckung kann es zu einer Atemwegsinfektion, aber auch zu einer Gehirnentzündung kommen. Die ersten Symptome einer Infektion mit dem Nipah-Virus sind laut WHO

  • Fieber
  • Kopfschmerzen
  • Gliederschmerzen
  • Erbrechen
  • Halsschmerzen

Es können Schwindel, Schläfrigkeit oder Bewusstseinsstörungen folgen. Betroffene können auch Atemnot oder eine Lungenentzündung entwickeln.

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Nipah-Virus in Deutschland: Anders als das Coronavirus

Die Relevanz des Erregers für Deutschland sei sehr gering, betont der Wissenschaftler. „Der typische Urlauber arbeitet eher nicht auf Schweinefarmen oder kommt selten mit Ausscheidungen von Flughunden in Kontakt.“ Anders als beim Coronavirus gebe es außerdem weniger asymptomatische Verläufe und auch die Übertragung sei nicht so leicht möglich wie bei Sars-CoV-2.

Und sollte es in Deutschland doch einen Fall geben, so Schmidt-Chanasit, etwa durch Menschen, die erkrankte Familienangehörige in den entsprechenden Ländern besucht haben, würde hier eine weitere Ausbreitung durch entsprechende Standard-Hygienemaßnahmen in den Krankenhäusern schnell verhindert werden.