Washington/Miami. Bei der dritten TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten hält die einzige Rivalin von Donald Trump die Stellung.

Es ging gerade um die Frage, ob der chinesische Social-Media-Dienst Tiktok in den USA verboten werden müsse, als Nikki Haley das rhetorische Fallbeil auslöste. Bei der dritten TV-Debatte der fünf meilenweit hinter dem republikanischen Favoriten für die Präsidentschaftskandidatur 2024 (Donald Trump) dümpelnden Bewerber hatte sich wieder der Unternehmer Vivek Ramaswamy unziemlich vorgewagt.

Haley solle mal besser auf ihre Familie aufpassen, ihre Tochter sei nämlich tüchtig auf Tiktok unterwegs, sagte der 38-Jährige. Die ganz in Weiß gekleidete Tochter indischer Einwanderer, die in manchen Umfragen den Kollegen Ron DeSantis aus Florida von der Poleposition (hinter Trump) verdrängt hat, giftete im Stile von Ohrfeigen-Will-Smith-bei-den-Oscars zurück: „Erwähne meine Tochter nicht noch mal, du Dreckskerl.“

Lesen Sie dazu:Biden ein Jahr vor Wahl in Not – Trump führt!

TV-Debatte der Republikaner: Haley lässt sich nicht foppen

Die kurze Eskalation unterstreicht den Haupteindruck des zweistündigen Schaulaufens: Haley, die einzige Frau im Rennen, lässt sich auch unter Druck von den Männern nicht foppen.

Attacken auf ihre Leistungsbilanz steckte die Ex-Gouverneurin von South Carolina weg. Auch DeSantis, der neun Wochen vor Beginn der parteiinternen Vorwahlen im Bundesstaat Iowa unbedingt ein Erfolgserlebnis benötigte, kam der 51-Jährigen nicht bei, als er ihr zu viel China-Freundlichkeit bei früheren Wirtschaftsprojekten nachsagte.

Haley, die schon in den zwei vorangegangenen Debatten eine solide, zuweilen sogar starke Figur gemacht hatte, wurde auch diesmal von Analysten zu den Gewinnern eines intensiven Abends gezählt, an dem sich der krawallsüchtige Ramaswamy endgültig ins Aus geschossen haben dürfte.

Lesen Sie auch:Donald Trump beleidigt Konkurrentin – ein verräterisches Zeichen

Kampf um Präsidentschaftskandidatur: Christie und Scott abgeschlagen

Und an dem etablierte Politiker wie Chris Christie und Tim Scott wieder dokumentierten, dass sie mangels Zuspruch (beide tingeln bei unter fünf Prozentpunkten in den Umfragen) ein aussichtsloses Spiel spielen und vielleicht besser zurückziehen sollten. Nikki Haley strahlte Souveränität aus, als der außenpolitische Dauerbrenner Israel aufgerufen wurde. Während sich die Männer mit martialischen Worten über die radikalislamische Hamas ausließen („Schlächter”, „ausräuchern”), plädierte Haley dafür, die Terrororganisation zu „erledigen” und Israel dabei ohne Einschränkungen und Ratschläge zu unterstützen.

Anders als DeSantis, der im Falle seiner Wahl das US-Engagement für Kiew einstellen und das Geld lieber zur Sicherung der US-mexikanischen Grenze nutzen würde, ist Haley der festen Überzeugung, dass die USA der weiter substanziell Militärgüter liefern müssen. Russlands Putin sei zu bremsen und China dürfe keine falschen Signale in punkto Taiwan erhalten. Als Vivek Ramaswamy sich zu der Bemerkung verstieg, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei ein „Nazi und Komiker in Cargohosen”, rollte Haley sekundenlang entsetzt die Augen.

Auf die Eingangsfrage an alle Kandidaten, was sie besser machten als Trump, stellte Nikki Haley mit nüchternem Ton fest, dass der abermals der Debatte ferngebliebene Ex-Präsident einfach nicht mehr der richtige Mann für die heutige Zeit sei. Auf eine detaillierte Fehleranalyse verzichtete sie; offenkundig, um Trump-Wähler nicht zu verprellen.

Lesen Sie dazu:Pro-Ukraine-Front bröckelt: Geht dem Westen die Luft aus?

Trump hielt Konkurrenz-Kundgebung ab

Überhaupt fiel auf, dass die ambitionierten Antitrumpianer es wieder tunlichst vermieden, sich in der Sache hart von dem Rechtspopulisten abzusetzen. Ron DeSantis forderte etwas hilflos ins Blaue hinein, Trump hätte auf der Debattenbühne stehen und seine Politik erklären und verteidigen müssen. Der aber dachte nicht daran und hielt 20 Kilometer entfernt in Miamis Vorort Hialeah eine seiner einschlägigen Kundgebungen.

Der bemerkenswerteste Zungenschlag kam von Nikki Haley beim landesweiten Streitthema Abtreibung. Während in der republikanischen Partei weite Teile Schwangerschaftsabbrüche mit Mord gleichsetzen und rigide Verbote fordern, warb die Mutter zweier Kinder dafür, dass die in Amerika oft gnadenlose Verurteilung von Gegnern wie Befürwortern aufhören müsse. Vorschläge aus den eigenen Reihen nach einem landesweiten Verbot von „Abortion” etwa ab der 15. Woche erteilte sie aus realpolitischen Erwägungen eine Absage – dafür sei einfach im Kongress keine Mehrheit in Sicht.

Ob Nikki Haley nach der dritten TV-Debatte in den Umfragen weiter zulegt? Und wenn schon. Solange Trump mit fast 50 Prozentpunkten führt, hieß es in den Spätsendungen des US-Fernsehens, „ist das eher gleichgültig”. Am 6. Dezember findet in Alabama die vierte und letzte TV-Debatte der Republikaner in diesem Jahr statt. Wieder ohne Donald Trump.