Berlin/Moskau. Wladimir Putin ist der neue alte Präsident. Mit voller Kraft treibt er jetzt den Umbau des Staates voran – und duldet keine Kritiker.

Wladimir Putin bezeichnet sich selbst als Sieger der Präsidentschaftswahl in Russland. 88,33 Prozent der Wahlbeteiligten hätten für ihn gestimmt, teilten die Wahlbehörden mit. Gegenkandidaten gab es nicht. Putin steht damit vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit. Es ist seine fünfte – und doch gab es noch am Wahlabend eine Premiere. Erstmals nahm der Kremlchef den Namen seines ärgsten Gegners Nawalny in den Mund. „Was Herrn Nawalny angeht. Ja, er ist gestorben. Dies ist ein trauriger Vorfall.“

Dass er Nawalny ausgerechnet am Abend seines Wahlsieges erwähnt – es mag ein Zeichen dafür sein, dass er endgültig über den Kreml-Gegner triumphiert hat. Doch welche Pläne hat Putin jetzt für Russland? Und was droht den wenigen aktiven Oppositionellen? Die Zahlen lassen vor allem eines vermuten: Putin fühlt sich gestärkt in seinem Amt.

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Mit 87,34 Prozent aller abgegebenen Stimmen hat Wladimir Putin die Wahl gewonnen, so die Zentrale Wahlkommission. Über 72 Millionen Russinnen und Russen haben ihn gewählt, glaubt man den offiziellen Zahlen. Überprüfen kann man diese Zahlen nicht. Wirklich unabhängige Wahlbeobachter, etwa die der Organisation Golos, waren nicht zugelassen. „Es kann festgestellt werden, dass die Gesellschaft keine Möglichkeit hatte, eine echte unabhängige Kontrolle über diese Wahlen auszuüben“, so Golos.

Protestaktion ist voller Erfolg – wie geht es jetzt weiter?

Die Protestaktion der Opposition war durchaus ein Erfolg. Tausende Menschen hatten am Sonntag in mehreren russischen Städten gegen Putin demonstriert, in dem sie sich gegen Mittag vor den Wahllokalen versammelten und anschließend ungültige Stimmen abgaben. Eine dauerhafte Bewegung wird es aber nicht werden. Und wenn, wären ihre Mitglieder schnell im Exil oder im Straflager. In langen Schlangen vor den Wahllokalen zu stehen ist nicht verboten. Trotzdem meldete das Bürgerrechtsportal OVD-Info mindestens 74 Festnahmen. Und die Repression wird zunehmen, auch darin sieht Putin nun die Mehrheit hinter sich.

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Russlands Opposition ist weitgehend zerschlagen. Alexej Nawalny ist unter ungeklärten Umständen gestorben. Wladimir Kara-Mursa wurde zu 25 Jahren verurteilt, es ist die höchste Haftstrafe, die bislang in Russland gegen einen Oppositionellen verhängt wurde. Jüngst wurde Oleg Orlow von der mittlerweile verbotenen Organisation „Memorial“ zu zweieinhalb Jahren Straflager verurteilt. Er hatte Kritik am Krieg gegen die Ukraine geäußert. Achteinhalb Jahre Gefängnis lautete das Urteil gegen den Politiker Ilja Jaschin. Dieser hatte die Ermordung von Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha angeprangert.

Hoffnung setzt die Opposition im Ausland auf Julia Nawalnaja, die Witwe des verstorbenen Kremlkritikers Nawalny. An der russischen Botschaft in Berlin hatte sie sich am Sonntag an der Aktion „Mittag gegen Putin“ beteiligt. Sie könnte zur Gallionsfigur werden. Dazu müsse sie aus dem Schatten ihres Mannes treten und ein eigenes Profil als selbstständige politische Figur mit einem Team herausbilden, meint die Politologin Tatjana Stanowaja.

Russisches Volk muss sich auf höhere Steuern einstellen

Putin wird weiter am Umbau der russischen Gesellschaft zu einer Art Sowjetunion 2.0 arbeiten. „Ich habe von einem starken, unabhängigen, souveränen Russland geträumt. Und ich hoffe, dass die Ergebnisse der Abstimmung es uns allen ermöglichen werden, diese Ziele gemeinsam mit dem russischen Volk zu erreichen“, so Putin. Im Vordergrund steht für ihn der Krieg in der Ukraine. „Vor allem müssen wir die Aufgaben im Rahmen eines speziellen Militäreinsatzes lösen, die Verteidigungsfähigkeit stärken, die Streitkräfte stärken.“

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    Auch innenpolitisch könnten die Daumenschrauben im Land noch einmal stärker angezogen werden. Jetzt wird eine neue Regierung gebildet. Offen ist, ob Putin sein Personal neu aufstellt. Personalentscheidungen würden „in Ruhe, in einer funktionierenden, kameradschaftlichen Weise“ getroffen, in dieser Angelegenheit „muss man sich nicht aufregen“, so der alte und neue Präsident. Putin stützt sich seit Jahrzehnten auf loyale Gefolgsleute. Verteidigungsminister Sergej Schoigu zählt dazu, Außenminister Sergej Lawrow, Ministerpräsident Michail Mischustin oder der Vize-Chef des Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew.