Elmar Otto über die Debatte zum ministeriellen Weisungsrecht

Entsteht der Eindruck, die Justiz sei nicht unabhängig, ist das verheerend für den Rechtsstaat. Deshalb klingt die Forderung, das ministerielle Weisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften abzuschaffen, richtig und nachvollziehbar.

Aber geht sie nicht vielleicht doch am Ende zu weit?

Denkt man an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019, wird man diese Frage mit nein beantworten. Damals stellte der EuGH fest, dass deutsche Staatsanwälte nicht unabhängig genug seien. In der Folge muss jeder europäische Haftbefehl von einem Richter unterzeichnet werden.

Auch die 2015 ergangene Weisung des damaligen sozialdemokratischen Bundesjustizministers Heiko Maas an Generalbundesanwalt Harald Range schien ein Paradebeispiel politischer Einflussnahme. Seinerzeit wurde ein von Range in Auftrag gegebenes Gutachten auf Anordnung des Ministers gestoppt.

Allerdings garantiert die Verfassung lediglich die Unabhängigkeit der Gerichte, nicht der Staatsanwaltschaften.

Die Justizministerin oder der Justizminister muss das Handeln der Staatsanwaltschaft im Zweifel vor dem Bundestag oder dem jeweiligen Landtag politisch verantworten. Ohne das Weisungsrecht auf Ministerialebene gäbe es einen parlamentarisch nicht kontrollierten Teil der Regierung.

Deshalb ist die Möglichkeit der Einflussnahme in Einzelfällen wichtig. Aber schriftlich gut begründet und transparent muss sie sein.