Weimar. Über die Hürden, denen von institutionellem Rassismus Betroffene gegenüberstehen, wird im Weimarer Theater diskutiert.

Er liegt wie ein unsichtbares Gift in der Gesellschaft, sorgt für scheinbar unüberwindbare Bürokratie-Hürden, empathielose Beamtinnen und Beamte sowie für Perspektivlosigkeit bei Betroffenen: institutioneller Rassismus, oft befördert von tief sitzenden Vorurteilen und unreflektierten Stereotypen. Ein bislang nur mäßig ausgeleuchtetes Thema, das im Foyergespräch des DNT Weimar am Mittwoch diskutiert wurde.

Moderiert von Leon Reichle vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena, diskutierten Rudaba Badakhshi vom Dachverband der Migrantinnenorganisationen DaMigra, Renata Conkova vom Landesverband der Sinti und Roma RomnoKher sowie Thüringens Migrations- und Justizministerin Doreen Denstädt (Grüne). Leon Reichle sprach von Rassismus, der sich verselbstständigt und normalisiert habe, unsichtbar für Nicht-Betroffene. Der Betroffenen nicht nur bei Polizei entgegenschlage, wo Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe oftmals eher zu Verdächtigen werden, sondern auch bei Behörden und Verbänden.

Betroffenen mangelt es an Vertrauen

Renata Conkova erlebt immer wieder Antiziganismus, sie betreut Roma-Familien in Eisenberg und der Region. Sie erzählt von einer Familie, die wochenlang auf einen Termin bei der Meldebehörde warten musste und sich nicht bei Jobcenter, Schule und Familienkasse anmelden konnte. Die prekäre Situation, in die sie dadurch geriet, werde von der Behörde ignoriert.

Conkova und Ministerin Denstädt berichten beide von mangelndem Vertrauen der Betroffenen gegenüber Behörden, Schulen, Ärzten. Conkova erzählt von der Hoffnungslosigkeit der Betroffenen, die sich einstellt, wenn sie es nicht schaffen, den Bürokratie-Dschungel zu durchqueren, um Hilfeleistungen in Anspruch nehmen zu können, sich geeignete Wohnungen für ihre Familien zu suchen oder Schul- und Kindergartenanträge zu stellen. Sie mahnt Reflektionsarbeit in den Behörden an, damit Mitarbeitern bewusst ist, wie schnell sich institutioneller Rassismus in ihrem Handeln zeigen kann. „Die Menschen dort müssen wissen, dass sie das Leben der Menschen kaputt machen können“, sagte Conkova bestimmt.

Bürokratie auch Hürde für wichtige Projekte

Rudaba Badakhshi kritisiert nicht nur die Bürokratie-Hürden für Betroffene, sondern auch für Projekte, die ihnen helfen. Ständig müsse man Überzeugungsarbeit leisten, damit Projekte auch weiterhin finanziert werden, weil die Laufzeiten begrenzt, Anträge und Projektbeschreibungen immer wieder neu erstellt werden müssen.

Wann denn ein Integrations- und Teilhabegesetz komme, für das sich Doreen Denstädt stark mache, wollte Leon Reichle wissen. Eine Umsetzung sei in dieser Legislatur nicht zu schaffen, so die Ministerin. Doch sie habe bereits Landesintegrationsdienste eingeladen, um Eckpunkte dafür aufzustellen. Auch wenn der Entwurf bis September nicht vollständig sein werde, sie wolle den Verbänden und Vereinen auch nach Ablauf ihrer Amtszeit etwas an die Hand geben, was sie für sich einfordern können.