Erfurt. Das Amtsgericht hatte entschieden, dass das Kontaktverbot aus dem Frühjahr in Thüringen nicht rechtmäßig gewesen sei. Brisant: Der Richter im Verfahren ist auch privat ein Gegner von Maskenpflicht und Abstandsregeln.

Justizminister Dirk Adams (Grüne) will sich zum umstrittenen Corona-Urteil des Weimarer Amtsgerichts nicht äußern. „Die Unabhängigkeit der Justiz ist im Grundgesetz Artikel 97 begründet. Dort heißt es: ‚Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.‘ Daher verbietet es sich auch, dass das Ministerium Urteile kommentiert“, sagte er auf Anfrage dieser Zeitung.

Urteil des Weimarer Amtsgericht zu Corona-Regeln - Staatsanwaltschaft will neue Entscheidung


Bestehe im Rechtsstaat Zweifel an einem Urteil, gebe es die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. „Gegen das hier in Rede stehende Urteil ist ausschließlich die Rechtsbeschwerde nach Paragraf 79 Ordnungswidrigkeitengesetz zulässig, die grundsätzlich dem betroffenen Bürger, der erlassenden Behörde und der Staatsanwaltschaft als Hüterin auch des Ordnungswidrigkeitenrechts zusteht“, betonte Adams.

Die Staatsanwaltschaft teilte vergangene Woche bereits mit, sie habe beim Amtsgericht den Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde eingereicht. Behördensprecher Hannes Grünseisen sagte: Die Staatsanwaltschaft wolle erreichen, dass das Urteil des Amtsgerichts mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben werde. Die Sache solle zu einer neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter zurückverwiesen werden.

Das Amtsgericht hatte entschieden, dass ein zentrales Element des Lockdowns aus dem Frühjahr in Thüringen nicht rechtmäßig gewesen sei: das Kontaktverbot. Dessen damalige Anordnung sei verfassungswidrig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Gericht argumentiert unter anderem, die seinerzeitige Corona-Verordnung sei verfassungswidrig gewesen, weil das Infektionsschutzgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für solch weitreichende Regelungen wie das Kontaktverbot gebildet habe. Zudem habe das Kontaktverbot gegen die Menschenwürde verstoßen und sei nicht verhältnismäßig gewesen.

Gesprochen hatte das Urteil Amtsrichter Matthias Guericke. Auf Anfrage dieser Zeitung wollte er sich nicht weiter äußern. „Das Gericht spricht durch sein Urteil. Ich werde es nicht nachträglich kommentieren“, sagte er.

Guericke ist auch privat ein Gegner von Maskenpflicht und Abstandsregeln und versuchte bereits zweimal, die Bestimmungen im Eilverfahren vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar zu kippen, zuletzt im August 2020. Guericke sagte dazu: „Aus meiner Sicht und festen Überzeugung ist das überhaupt kein Befangenheitsgrund. Ich bin Bürger und ich bin Richter.“

Seine privaten Klagen waren bislang erfolglos. Die Entscheidung in der Hauptsache steht jedoch noch aus.

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