Erfurt. Kurz vor dem 1. Mai hat die Landesregierung das erlassene Versammlungsverbot zurückgenommen. Kommunen stellen sich nun auf Kundgebungen ein.

Nach der vorzeitigen Aufhebung des Versammlungsverbots in Thüringen wegen der Coronavirus-Pandemie ist Kritik am Agieren der Landesregierung laut geworden. „Die Geschwindigkeit hat uns überrollt“, sagte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) am Donnerstag. „Wir hätten gern mehr Planungssicherheit gehabt. Schließlich müssen wir Kommunen es umsetzen, nicht das Land.“ Seit Donnerstag sind in Thüringen wieder Versammlungen und Demonstrationen erlaubt, was die Landesregierung am Mittwoch kurzfristig beschlossen hatte. Ursprünglich sollte das Versammlungsverbot wegen der Pandemie erst am 3. Mai enden. Alle aktuellen Entwicklungen im kostenlosen Corona-Liveblog.

Mehrere Mai-Veranstaltungen in Erfurt

Die Landeshauptstadt richtet sich am 1. Mai auf mehrere Versammlungen verschiedener Organisatoren im Stadtgebiet ein. Landesweit sind nach Angaben des Thüringer Innenministeriums bei den kommunalen Versammlungsbehörden elf Veranstaltungen mit bis zu 400 Teilnehmern angemeldet, einige wurden schon viele Monate vor dem Ausbruch der Pandemie angemeldet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, wegen der Pandemie seine traditionellen Mai-Kundgebungen abgesagt hatte, will bei der Absage bleiben. „Der Gesundheitsschutz für unsere Kollegen geht vor“, sagte ein Sprecher des DGB Hessen-Thüringen am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Laut Innenministerium ist allerdings eine auf 50 Personen begrenzte Kundgebung der Gewerkschaft Verdi in Erfurt neu angemeldet worden.

Gesundheitsschutz als wichtigstes Kriterium für Versammlungen

Auch die Stadtverwaltung Erfurt betonte den Gesundheitsschutz als wichtigstes Kriterium für die Versammlungen. Sicherheitsdezernent Andreas Horn kündigte Auflagen für Teilnehmerzahl, Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen an. Akzeptieren müsse die Stadt die Versammlungen nach der Aufhebung des Demonstrationsverbotes, die inzwischen in eine neue Landesverordnung mit Anti-Corona-Maßnahmen mündete. Danach dürfen an Demonstrationen unter freiem Himmel höchstens 50 Menschen teilnehmen. Bausewein sieht die Freigabe kritisch.

Die Landesregierung hatte zur Begründung für diesen Schritt auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erwiesen. So hatten die Karlsruher Richter dem Eilantrag eines Klägers gegen das Verbot einer Demonstration in Stuttgart stattgegeben (Az. 1 BvQ 37/20).

In Jena ist nach Auskunft der Stadt bereits am Freitag eine Kundgebung der Klimaaktivisten von „Fridays for Future“ in der Innenstadt angemeldet. Die Teilnehmerzahl ist auf 50 begrenzt und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz Pflicht. Der Leiter des Fachbereichs Recht und Personal Martin Pfeiffer sagte, die Stadt sei nach den jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auf die frühere Lockerung vorbereitet gewesen und habe die getroffene Änderung beim Innenministerium angeregt. Es sei nicht nachvollziehbar, einerseits Geschäfte zu öffnen, andererseits die Ausübung von Grundrechten zu beschränken, erklärte Pfeiffer.

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