Erfurt. Nach zehn Monaten Krieg bröckelt die Zustimmung für deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung untersucht, wie das mit Fehlinformationen aus Russland zusammenhängt. Am 15. Dezember spricht sie in Erfurt.

Mitte Februar 2022 war die Russlandexpertin Sarah Pagung zu Gast in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ mit Moderator Frank Plasberg. Thema: „Hauptsache friedlich und warm – scheut Deutschland klare Kante gegen Putin?“. Nur wenige Tage vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs kritisierte Pagung, die deutsche Auslandpolitik setzte zu lange nur auf Dialog und Wirtschaft, bei autoritären und manipulativen Staaten wie Russland mache dies aber keinen Sinn. Sie verwies auf Umfragen, denen zufolge große Teile der russischen Gesellschaft davon überzeugt seien, dass die Nato Schuld am Konflikt trage. Dabei setze die russische Politik auf eine Mischung aus Gewalt, Fehlinformationen und getarnten Attacken und Drohungen.

Nach zehn Monaten Krieg, in denen Bundeskanzler Olaf Scholz eine Zeitenwende unter anderem in Form milliardenschwerer Aufstockungen der Bundeswehr ankündigte und in denen Tabus bei Waffenlieferungen bröckeln, scheint diese Mischung auch in der deutschen Gesellschaft zu verfangen.

„Dass die Unterstützung für weitere Waffenlieferungen zurückgeht, liegt wohl an der zunehmenden Kriegsmüdigkeit der Deutschen und den Sorgen wegen hoher Energiepreise“, sagte Pagung kürzlich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Vor allem in Ostdeutschland wachse Skepsis. Mit gezielten Desinformationen, dem Energiekrieg gegen den Westen und immer neuen, mehr oder weniger unverhohlenen atomaren Muskelspielen versuche Russland, Zweifel im Westen zu schüren. Zwar, so Pagung, ließen sich viele Desinformationen Russlands wie die Behauptung, Waffen würden auf dem Schwarzmarkt gehandelt, entlarven. Dennoch werde der Ruf nach Friedensverhandlungen lauter, in der Erwartung, die Kämpfe schneller zu beenden. „Aber dieser Eindruck täuscht und schürt falsche Hoffnungen“, so die Wissenschaftlerin beim RND. Im Zweifelsfall müssen Waffenlieferungen sogar größer ausfallen als bisher.

Sarah Pagung ist studierte Politikwissenschaftlerin und hat gerade zur russischen Einflussnahme im Ausland promoviert. Seit 2019 arbeitet sie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zur russischen Außen- und Sicherheits- sowie zu Informationspolitik. Auch in der Corona-Krise seien Desinformation und Propaganda früh Teil der russischer Außenpolitik gewesen, um das Vertrauen in Gesundheitssysteme und Krisenbewältigung europäischer Länder zu untergraben. Um „Fake News Made in Russia – das Spiel mit Angst. Desinformation, Drohgebärden und Energiekrieg“ geht es auch in ihrer Ringvorlesung am 15. Dezember 2022 in der Erfurter Universität.

Beginn 18.15 Uhr im Kommunikations- und Informationszentrum (KIZ) auf dem Erfurter Uni-Campus, Nordhäuser Str. 63; Einlass ab 18 Uhr; Eintritt ist frei. Um Anmeldung unter www.thueringer-allgemeine.de/ringvorlesung wird gebeten.