Die bisher harmonische Koalition von SPD und CDU streitet um eine Personalie. Die Sondershäuser lehnen einen Arterner ab.

Kyffhäuserkreis. 22 Jahre lang war die Welt in Ordnung, 22 Jahre ging im idyllischen Kyffhäuserkreis alles seinen gewohnten Gang.

Landrat war Peter Hengstermann von der CDU, der in trauter Einigkeit mit der SPD regierte. Letztere stellte alle paar Jahre einen Kandidaten auf, der gegen Hengstermann bei der Landratswahl verlor und danach zumeist mit einem hübschen Posten im Landratsamt belohnt wurde.

Doch dann kam der 6. Mai; seither ist alles anders. Dabei war es so schön geplant. Hengstermanns langjähriger Stellvertreter Georg Schäfer (SPD) sollte in Rente gehen, also wurde Antje Hochwind von den Sozialdemokraten als Landratskandidatin nominiert.

Sie hätte - dem Gesetz der Serie folgend - verlieren müssen und wäre dann folgerichtig als stellvertretende Landrätin gewählt worden.

Dumm nur, dass die 41-Jährige die Wahl gewann.

Ein Umstand, der im Kyffhäuserkreis - zum ersten Mal seit vielen Jahren - für Unfrieden sorgt. Dabei war eigentlich vorgesorgt worden. Vor Jahren schlossen CDU und SPD im Kreistag einen Koalitionsvertrag, der gerade mal zwei Punkte umfasste: Wir beschließen gemeinsam den Haushalt und wählen zusammen den ersten Beigeordneten.

Vom verbalen Schaulaufen in der Haushaltsdebatte mal abgesehen, lief das all die Jahre sehr geschmeidig. Landrat Hengstermann bekam seinen Haushalt, im Gegenzug wählte die Union regelmäßig Georg Schäfer von der SPD mit.

Auf dem Papier wäre das jetzt also ganz einfach, nur andersherum. Die SPD stellt mit Antje Hochwind die Landrätin, die Union nominiert einen Kandidaten für den Posten ihres Stellvertreters und die SPD wählt ihn brav mit ins Amt.

Allein, die SPD, berauscht vom Sieg, will da nicht so einfach mitmachen. Das hat - wie immer in der Politik - mit Macht und Menschen zu tun.

CDU nominierte einen Überraschungskandidaten

Die CDU hat - nach Wochen der Schockstarre und einem erbittert geführten internen Wahlverfahren - einen Kandidaten gefunden und damit alle ziemlich überrascht. Denn die Union schickte Jens Krautwurst ins Rennen.

Der arbeitet bislang in führender Position bei der Kyffhäusersparkasse und gilt als ausgesprochener Finanzexperte. Das stellte er jahrelang als stellvertretender Bürgermeister in Artern unter Beweis. Bei Amtsantritt war die Stadt nahezu zahlungsunfähig, nun hat sie sogar Geld übrig, um zu investieren.

In Artern bewies der 44-jährige Krautwurst zudem, dass er eher Pragmatiker als Parteisoldat ist. Die Zusammenarbeit mit dem linken Bürgermeister Wolfgang Koenen galt als weitgehend reibungsarm.

Also durchaus ein Kandidat, mit dem die SPD arbeiten könnte, möchte man meinen.

Weit gefehlt. Die Sozialdemokraten proben den Aufstand. Wenn schon ein Kandidat von der Union, dann aber bitteschön einer, den die SPD mag, wurde der konsternierten CDU-Fraktion mitgeteilt.

Denn Krautwurst hat einen Nachteil: Er ist kein "richtiger" Sondershäuser. Zwar wohnt er mittlerweile dort, aber so richtig angekommen ist er in den Hinterzimmern mit all ihren Lions und Rotariern aber nicht. Somit ist er eine Gefahr für das etablierte "System Sondershausen".

Mehrfach signalisierte die SPD, die Union möge einen anderen Kandidaten aufstellen. Den Chef der Kreismusikschule, Matthias Deichstetter, zum Beispiel. Der ist Schwiegersohn vom Chef der Sondershäuser CDU-Stadtratsfraktion. Und dieser wiederum ist ein Nachbar des bisherigen SPD-Vizelandrats Georg Schäfer.

Die Union ereifert sich hinter verschlossenen Türen darüber, dass da "der Schwanz versucht, mit dem Hund zu wackeln". Sie stellt mit 16 Mitgliedern die stärkste Fraktion im Kreistag; die SPD hat nur 11.

Also blieb man bei Krautwurst. Und drohte damit, die Koalition krachen gehen zu lassen, wenn die SPD nicht mitstimmt. Doch die denkt gar nicht daran und versucht nun, Krautwurst durch die Hintertür an einer Kandidatur zu hindern.

Landrätin Antje Hochwind (SPD) unterzeichnete am Freitag einen Ausschreibungstext für die Stelle, in dem Anforderungen gestellt werden, die Krautwurst nicht erfüllt. Gefordert wird ein Hochschulabschluss, mindestens aber einer als Verwaltungsfachwirt.

Zufällig passt die Ausschreibung perfekt auf den SPD-Favoriten Matthias Deichstetter. Das stößt der CDU nun ganz sauer auf. Hektisch wird versucht, die Reihen geschlossen zu halten, während längst die Debatte läuft, ob man die Koalition aufkündigen und in die Opposition gehen sollte oder lieber klein beigeben und weiter mitspielen will.

Einig ist man sich bei der Union lediglich darin, dass die eigentliche Schuld an der Misere Ex-Landrat Peter Hengstermann (CDU) trägt. Er hätte ganz elegant als letzte Amtshandlung noch eine auf Krautwurst zugeschnittene Ausschreibung unterzeichnen können. Tat er aber nicht.

Warum, ist unklar. Mancher meint, dass Hengstermann versuchte, das "System Sondershausen" gegen den Eindringling von außen zu schützen.

Das Ende ist offen.

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