Erfurt . Die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten ist gestiegen, im langjährigen Vergleich aber relativ niedrig. Effekte der Corona-Pandemie waren auch 2022 noch spürbar. Bei Sexualdelikten zeigt die Statistik einen Ausschlag.

Nach ruhigeren Corona-Jahren ist in Thüringen die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten deutlich gestiegen. "Thüringen ist nach wie vor ein sicheres Land", sagte Innenminister Georg Maier (SPD) bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik am Donnerstag in Erfurt. Im vergangenen Jahr wurden 135.911 Straftaten erfasst - und damit rund 5500 mehr als im Vorjahr. Im langjährigen Vergleich aber wurde 2022 der drittniedrigste Stand bei den Straftaten seit 1993 verzeichnet, wie aus der Statistik hervorgeht. Die Aufklärungsquote lag bei 63,2 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau der Vorjahre.

Maier machte klar, dass die Zahlen und Entwicklungen noch nicht frei von Pandemie-Effekten und mit den Vorjahren nur schwer zu vergleichen seien. Zugleich zeichne sich eine "Konsolidierung" in der Kriminalitätsentwicklung ab. "Die höheren Fallzahlen sind ein bundesweiter Trend", sagte Maier. Sorgen bereiten ihm etwa die vielen Drogendelikte.

Durchsuchungen im Unstrut-Hainich-Kreis

Während Maier und der Präsident des Landeskriminalamts (LKA), Jens Kehr, am Donnerstag die Kriminalitätsstatistik vorstellten, schlugen LKA-Ermittler in Bad Langensalza und Mühlhausen zu. In beiden Städten wurden Privat- und Geschäftsräume durchsucht, insgesamt zehn Objekte, darunter auch in Gastronomiebetrieben. Die Ermittlungen richten sich laut LKA gegen fünf Beschuldigte im Alter von 22 bis 51 Jahren. Ihnen wird bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Drogen

20.272 Rauschgiftdelikte registrierte die Polizei im Jahr 2022 - und damit rund 2500 weniger als im Vorjahr. Maier und Kehr machten aber auf besonders spektakuläre Ermittlungserfolge aufmerksam: So hob die Polizei im Februar 2022 in Erfurt eines der größten bisher bekannten Crystal-Meth-Labore Deutschlands aus - zehn Kilogramm der als besonders gefährlich geltenden Droge wurden sichergestellt sowie 100 Kilogramm Marihuana. "Das sind Erfolge, die haften bleiben im Gedächtnis", sagte Maier. Kehr fand, es sei ein "kräftiger Schlag gegen die Rauschgiftkriminalität gelungen".

Gewaltkriminalität

In diesem Bereich gibt es selbst zum Vor-Corona-Jahr 2019 einen leichten Anstieg - von 3770 erfassten Fällen auf 3980 im vergangenen Jahr. Kehr betonte, dass die Polizei 2019 ein neues internes System eingeführt hatte, Vergleiche also schwierig seien. Gegenüber 2018 sei die Zahl um mehr als 500 Fälle gesunken.

Einbrüche

Auf einen historischen Tiefstand sank die Zahl der Einbrüche. Nur 783 Fälle wurden der Polizei im vergangenen Jahr bekannt - so wenige wie seit Beginn der Statistik im Jahr 1993 nicht. Kehr betonte, dass es im Jahr 2015 noch 1500 Einbrüche gab. Somit sei die Zahl zum vergangenen Jahr halbiert worden. Maier erläuterte, dass auch das Jahr 2022 am Anfang noch stark von der Pandemie geprägt gewesen sei. Bereits in den Statistiken der Jahre 2020 und 2021 habe man sehen können, dass es weniger Einbrüche gab, weil die Menschen zu Hause blieben und weniger Ladendiebstähle, weil manche Geschäfte gar nicht geöffnet waren. Je älter das Jahr 2022 wurde, desto normaler wurde es, sagte Maier.

Sexualdelikte

Hier gab es einen relativ großen Anstieg: Im vergangenen Jahr wurden 2784 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst, im Vorjahr waren es noch 2274 gewesen und im Jahr 2018, also vor der Corona-Pandemie, nur 1709. Maier sah hierin auch einen guten Aspekt: "Weil das Dunkelfeld erhellt wird. Es macht uns aber auch die Dimension dieses Phänomens noch einmal deutlich", sagte er. Kehr sagte, das Thema erreiche inzwischen stärker die Öffentlichkeit, sodass auch mehr Fälle zur Anzeige gebracht würden. Zugleich gebe es einen größeren Anstieg bei Fällen von Besitz, Herstellung, Verbreitung oder des Erwerbs von Darstellungen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs. Die hohen Zahlen resultierten auch aus Ermittlungserfolgen. Maier wies darauf hin, dass die ermittelnden Beamten großen psychischen Belastungen ausgesetzt seien. Es sei gut, an die Daten zu gelangen, aber die Daten zu haben, bedeute auch eine Verpflichtung bei den Ermittlungen.

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