Erfurt/Jena. Musikclubs sind bisher rechtlich mit Spielhallen und Bordellen gleichgesetzt. Das könnte sich nun ändern. Vertreter der Thüringer Clubkultur begrüßen Plan des Bundestags und hegen vage Hoffnung auf Teilöffnung im Sommer.

Unter Vertretern der Thüringer Clubkultur ist der Plan des Bundestags, Musikclubs als Kulturstätten einzustufen, positiv aufgenommen worden. Es sei ein richtiger Schritt, um der Clubkultur mehr Wertschätzung entgegen zu bringen.

Kommt die Regelung so, würden Clubs nicht mehr wie bisher rechtlich mit Spielhallen und Bordellen gleichgesetzt, sagte etwa Philip Neues, Teilinhaber der Franz Mehlhose in Erfurt. „Das ist überholt, wir sind ja keine Spelunken, wo nur nebenbei Musik dudelt.“ Auch Mark Wollgast, Vorstandsvorsitzender des Vereins Cosmic Dawn, der in Jena im KuBa einen eigenen Club betreibt und Hubert Langrock, Geschäftsführer des Kalif Storch in Erfurt, begrüßten das Vorhaben.

Hoff kündigt Unterstützung an

Thüringens Kultur- und Bauminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hatte bereits angekündigt, den Vorstoß zu unterstützen. „Damit wird der große Beitrag gewürdigt, den die Musikclubs zum soziokulturellen Leben und zur vielfältigen Stadt- und Gemeindeentwicklung leisten.“ In vielen Fällen sei eine lebendige Clubkultur auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Gemeinden, so Hoff.

Aktuell können die meisten Clubbetreiber in Anbetracht der Pandemie nur auf digitale Streaming-Angebote oder – falls möglich – auf hauseigene Gastronomie setzen. Auch die staatlichen Hilfen werden soweit möglich in Anspruch genommen. Viele rechnen frühestens im Sommer damit, unter freiem Himmel Angebote machen zu können.

Vage Hoffnung auf Teilöffnung im Sommer

„Ich bin guter Dinge, dass wir im Juli zumindest ein kleines Festival in einem Außenbereich veranstalten können“, sagte etwa Mark Wollgast, Vorstandsvorsitzender des Vereins Cosmic Dawn, der in Jena im KuBa einen eigenen Club betreibt. Mit Abstands- und Hygieneregeln sollte das Festival möglich sein. Allerdings: „Statt der möglichen 2000 Leute auf der Fläche, werden es dann wohl nur 200 sein.“

Seit 13 Monate habe es im Club selbst coronabedingt keine Veranstaltungen mit Publikum mehr gegeben, sagte Wollgast. Lange ging es hin und her, ob der ehrenamtliche Verein überhaupt die staatliche Corona-Hilfe erhalten könne. Inzwischen habe sich die Situation verbessert, auch sie erhielten Unterstützung. „Es wäre aber auch wichtig, dass klare Konzepte geliefert werden würden, wie Clubs sinnvoll wieder öffnen können.“ Der Aufwand müsse sich dann auch lohnen, sagte Wollgast.

Auch der Geschäftsführer vom Kalif Storch in Erfurt, Hubert Langrock, erklärte, dass Vorbereitungen für die Öffnung des Außenbereichs im Sommer liefen. Dabei würde es aber um Barabende gehen. „Aber wir sind ein Club und leben eigentlich von Live-Musik, von tanzenden Menschen.“ Wann solche Events gerade in den Innenräumen wieder möglich sein werde, sei nur schwer einzuschätzen, sagte Langrock.

Langrock sieht auch Öffnungskonzepte skeptisch, die auf Registrierung zur Kontaktnachverfolgung setzen. „Was passiert mit den ganzen Daten? Beeinflusst das dann nicht, wenn klar ist, dass registriert wird, wer wann wohin geht?“ Die Ausgeh-Kultur sei immerhin auch ein Abtauchen aus dem System. Dabei seien manche junge Menschen durch die Pandemie noch gar nicht dazu gekommen, diese Kultur zu erleben: „Es gibt Studenten, die seit drei Semestern hier studieren und die noch nicht einmal weg waren.“

Gerade das studentische Publikum werde in Zukunft ohnehin schwieriger zu erreichen sein, mutmaßte Langrock. „Die Club-Landschaft wird nach der Pandemie teurer werden, aber das Publikum hat nicht unbedingt mehr Geld zur Verfügung.“ Gerade Studenten überlegten es sich sicher zwei Mal, ob sie ausgehen. Den Preisanstieg sieht Langrock deshalb komme, da er davon ausgeht, dass Dienstleister teurer werden. Sie müssten etwa Techniker mit mehr Geld locken, die der Pandemie wegen sich in anderen Bereichen ein neues Standbein gesucht haben.

Schon seit Längerem hat in Erfurt dagegen wieder die Franz Mehlhose geöffnet. Allerdings nicht fürs Live-Musik-Publikum. „Wir sind in einer Luxussituation dadurch, dass wir eine Küche haben und Burger zum Mitnehmen anbieten können“, sagte Teilinhaber Philip Neues. Das sei die beste Variante, um weiter öffnen, die Angestellten behalten und den Menschen zumindest eine Anlaufstelle bieten zu können.

„Als Veranstalter möchte man eigentlich Leute zusammenbringen – aber die Pandemie-Dynamik wollen wir nicht voranbringen“, sagte Neues, der eigentlich auch die Veranstaltungen der „Mehlhose“ plant. Bald mehr Klarheit wünscht er sich darüber, wie etwa Konzerte wieder möglich werden können, welche Teststrategien gefahren werde sollen. „Das Impfen geht ja seit einigen Wochen voran, das bringt auch Hoffnung.“