Erfurt. Ein Geschäftsordnungsantrag nach geheimer Wahl soll zuvor durch Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow „weggewischt“ worden sein, lautet der Vorwurf. Das sei „völlig haltlos“, sagte die Parteichefin.

Der Landtag trifft sich nächste Woche ein letztes Mal vor der Sommerpause – und hat ziemlich viel zu tun. Der Mindestlohn von 11,42 Euro für öffentliche Aufträge, die höheren Gehälter für Regelschullehrer, zusätzliche Parkplätze fürs Car-Sharing: Das alles muss noch gesetzlich fixiert werden.

Insgesamt stehen zwölf Gesetze zur Abstimmung. Zehn davon dürften von der rot-rot-grünen Mehrheit verabschiedet werden, da die Entwürfe von Landesregierung oder den Koalitionsfraktionen selbst stammten. Das Vergabereformgesetz der CDU und der Gesetzentwurf der AfD, mit dem kommunale Scheinkandidaturen unterbunden werden sollen, werden wohl abgelehnt – so wie das in der Regel mit Initiativen der Opposition geschieht.

Außerdem, es ist ja bald Landtagswahl. In der traditionellen Pressekonferenz vor einer Sitzungswoche wurde deshalb gestern nicht so sehr nach der Novelle des Naturschutzgesetzes gefragt, sondern zu den Nachwehen der Listenaufstellung in den Parteien.

Während die SPD nach den Rücktritten im Fraktionsvorstandes gestern Nachfolger wählen musste, hat es die linke Landespartei mit einer einigermaßen obskur wirkenden Wahlanfechtung zu tun.

Henning Wellsow hat gegen Wahlordnung

Der Ehemann der Thüringer Landtagsabgeordneten Johanna Scheringer-Wright hat Widerspruch gegen die Aufstellung der Linke-Liste für die Landtagswahl am 27. Oktober eingelegt. In einem Schreiben vom 21. Juni an Landeswahlleiter Günter Krombholz bemängelte Michael Wright die Abstimmung des Listenvorschlags durch Landesvorstand und Landesausschuss.

So habe er als Mitglied des Landesausschusses zu Beginn der Sitzung eine geheime Wahl verlangt. Sein Geschäftsordnungsantrag sei aber durch Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow „weggewischt“ worden. Damit habe sie gegen die Wahlordnung der Landespartei verstoßen.

Hennig-Wellsow gab sich gelassen. Das sei „völlig haltlos“, sagte sie. Bei der angefochtenen Abstimmung habe es sich nur um eine Nominierung gehandelt, sagte sie – und diese habe, in Übereinstimmung mit der Parteisatzung, offen stattgefunden. Die eigentliche Wahl der Liste durch die Landesvertreterversammlung am vergangenen Wochenende in Arnstadt sei vorschriftsmäßig geheim erfolgt.

Ehefrau steht gar nicht auf der Liste

Landeswahlleiter Krombholz bestätigte den Eingang des Schreibens. Er habe eine Stellungnahme der linken Landespartei angefordert, sagte er. Er sei allerdings skeptisch, ob es sich um einen Verstoß handele, da es in dem Streit nur um den Listenvorschlag gehe, nicht um die abschließende Wahlliste.

Die Abgeordnete Scheringer-Wright saß zwischen 2004 und 2009 im Landtag und gehört dem Parlament seit 2012 wieder an. Sie war bei der Nominierung nicht unter den ersten 20 Plätzen gelandet und hatte sich auf dem Landesparteitag ab Platz 21 beworben. Allerdings fand sie dort keine Mehrheiten und steht nun gar nicht auf der Wahlliste.

Scheringer-Wright ist nicht das einzige linke Landtagsmitglied, das jetzt schon weiß, dass es wohl dem nächsten Parlament nicht angehören wird. Unter den Aussortierten befinden sich auch die Abgeordneten Steffen Harzer und Sabine Berninger.

Ob die Einstimmen-Mehrheit von Rot-Rot-Grün durch den Personalaustausch bei SPD und Linke gefährdet ist? Da es sich um offene Abstimmungen handelt, gilt die Wahrscheinlichkeit nicht als groß. Und selbst wenn: In vergangenen Abstimmungen stimmten zuweilen fraktionslose Abgeordnete bei der Koalition mit, während viele Oppositionsvertreter schlicht fehlten.