Erfurt. In vielen Thüringer Regionen klagen die Menschen über einen schlechten Anschluss ihrer Orte an den öffentlichen Schienennahverkehr. Das soll besser werden.

Verkehrsministerin Susanna Karawanskij (Linke) will attraktive Preise im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) Thüringens und eine Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030. Das sagte die Ministerin am Dienstag in Erfurt bei der Vorstellung eines Konzepts für den Ausbau des Schienennahverkehrs. Es gehe um «Klimaschutz mit sozialer Verantwortung». Derzeit klagen viele Menschen darüber, dass ihre Wohnorte nicht gut genug mit Bussen und Bahnen erreichbar sind.

Der «Masterplan Schieneninfrastruktur» solle den Rahmen für Verbesserungen geben. Allerdings müsste dafür in den kommenden Jahren mehr Geld im Landeshaushalt eingeplant werden, so Karawanskij. Kritik kam von den Koalitionspartnern SPD und Grüne.

Zu spät - Kritik von SPD und Grünen

«Dass Thüringen einen solchen Überblick für den Modernisierungsbedarf der Schieneninfrastruktur braucht, wurde bereits vor über neun Jahren im Koalitionsvertrag festgestellt. Dass jetzt erst die ersten Ergebnisse vorliegen, finde ich nicht zielführend», erklärte der Fraktionsvize der SPD, Lutz Liebscher. Die Grünen-Abgeordnete Laura Wahl sprach davon, dass der Masterplan die defensive Verkehrspolitik der Ministerin fortsetzt».

Ziele des Thüringer Konzepts sind laut Karawanskij, das Streckennetz weiter zu elektrifizieren und auszubauen, Bahnsteige zu verlängern sowie Verkehrsstationen zu modernisieren und und barrierefrei umzubauen. Ein Gutachten untersucht zudem die Reaktivierung von acht nicht mehr genutzten Eisenbahnstrecken.

1600 Kilometer Eisenbahnnetz

Thüringen verfügt laut Verkehrsministerium über ein dichtes Eisenbahnnetz mit 1600 Kilometern Streckenlänge, das im bundesweiten Vergleich jedoch unterdurchschnittlich elektrifiziert sei, was die Dekarbonisierung des Schienenverkehrs behindere.

Der Masterplan solle dazu beitragen, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um bis zu 95 Prozent zu senken, wie in Thüringen gesetzlich vorgesehen. Der Verkehr sei für ein Viertel aller CO2-Emissionen verantwortlich.

Ein weiteres Ziel bestehe darin, die Verkehrsorganisation digitaler zu machen. Ein Aspekt der Verkehrswende sei zudem der Ausbau des Schienengüterverkehrs. Der Masterplan solle Projekte zur Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene entwickeln, die vom Land unterstützt werden könnten. Gegrünet werden solle im kommenden Jahr ein «Mobilitätsnetzwerk Thüringen» als Plattform.

Das Gutachten zur Reaktivierung stillgelegter Eisenbahnstrecken, das im Auftrag des Ministeriums von der Firma VerkehrsConsult Ingenieurgesellschaft mbH erstellt wurde, sei die Voraussetzung für Machbarkeitsstudien, so die Ministerin. Diese seien ab 2025 vorgesehen, wenn die Finanzierung gesichert werden könne.

Wiederbelebung von alten Strecken?

Untersucht worden wurden

  • die Kyffhäuserbahn (Bretleben - Bad Frankenhausen),
  • die Unstrutbahn (Wangen - Artern),
  • die Pfefferminzbahn (Straußfurt - Großheringen),
  • die Höllentalbahn (Blankenstein - Marxgrün),
  • die Werrabahn (Lückenschluss Coburg - Südthüringen),
  • die Rennsteigbahn (Ilmenau - Themar),
  • die Ohratalbahn (Gotha - Gräfenroda) sowie die Max- und Moritzbahn (Probstzella - Ernstthal am Rennsteig).

Es ging um Potenziale, Kosten und den verkehrlichen Nutzen dieser stillgelegten Strecken. Bewertet worden seien auch Auswirkungen auf die Regionalentwicklung sowie Klima- und Umweltschutzfaktoren und den Gütertransport. Dabei müsste die Finanzierung der Wiederbelebung von Strecken, aber auch deren dauerhafter Betrieb sicherzustellen sein. Eine «Reaktivierung um jeden Preis» werde abgelehnt. Priorität haben laut Karawanskij jedoch Erhalt, Modernisierung und Ausbau des bestehenden Schienennetzes.

Die Ministerin verwies darauf, dass der Bund die Verantwortung für Schieneninfrastruktur im Nah- und Fernverkehr trägt. Er habe deren Erhalt und Ausbau zu gewährleisten. Das Land bestelle und bezahle die Leistungen im Schienennahverkehr.