Erfurt. Erster Schlagabtausch vor der Landtagswahl: Ministerpräsident Ramelow und Oppositionsführer Mohring streiten vor dem Haushaltsbeschluss des Landtags nicht nur über die Finanzpolitik von Rot-Rot-Grün.

Thüringen hat für 2020 einen beschlossenen Haushalt und ist damit nach Ansicht von Rot-Rot-Grün auch für eine langwierige Regierungsbildung nach der Landtagswahl am 27. Oktober gerüstet. Die Koalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) brachte am Freitag in Erfurt den umstrittenen Etat mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit durch den Landtag. Das Haushalt hat ein Rekordvolumen von 11,1 Milliarden Euro, 450 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr und kommt ohne Verschuldung aus.

Die CDU sprach von einem Novum in der Haushaltspolitik, indem eine Koalition einen Haushalt festzurre, ohne zu wissen, ob sie weiter regieren wird. Bisher hat es nur in anderen Bundesländern Doppelhaushalte gegeben, die auch für das Jahr nach einer Landtagswahl galten. „Was Sie heute machen, ist verfassungswidrig“, sagte CDU-Fraktionschef Mike Mohring.

Der Oppositionsführer berief sich dabei auf ein Rechtsgutachten für seine Fraktion, wonach mit einem Haushaltsbeschluss unzulässig in das Budgetrecht des im Oktober neu zu wählenden Landtags eingegriffen werde. Anders als in anderen Bundesländern kann in Thüringen nur die Regierung einen Haushalt vorlegen, nicht die Fraktionen. Auch AfD-Fraktionschef Björn Höcke warf der Regierungskoalition einen Bruch mit demokratischen Gepflogenheiten vor.

Mohring bescheinigt Landesregierung gravierende Fehler

Ramelow wies in der von Wahlkampf geprägten Debatte den CDU-Vorwurf unter Verweis auf die Thüringer Verfassung zurück. Danach sei rechtzeitig vor einem neuen Jahr ein Haushalt zu beschließen. Von einem Verfassungsbruch könne keine Rede sein. Die CDU traue sich im Gegensatz zur Rot-Rot-Grün offenbar nicht zu, die Landtagswahl zu gewinnen und eine Regierung zu bilden, sagte Ramelow. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Matthias Hey, sprach von einer Brüskierung des Parlaments durch die CDU, indem einer Mehrheit der Abgeordneten Rechtsbruch unterstellt werde.

Mohring bescheinigte der rot-rot-grünen Koalition gravierende Fehler in der Haushaltspolitik. Statt die Steuermehreinnahmen - er sprach von fünf Milliarden Euro seit 2014 - für Investitionen und die Verbesserung der Finanzlage der Kommunen zu nutzen, sei viel Geld für konsumtive Zwecke eingesetzt worden.

Ramelow: Finanzpolster von 600 Millionen Euro

Rot-Rot-Grün habe in Größenordnungen Schulden abgebaut, die die CDU während ihrer Regierungszeit bis 2014 angehäuft habe, konterte Ramelow. „Wir tilgen 1,1 Milliarden Euro und drücken die Schulden unter 15 Milliarden Euro.“ Zudem bliebe ein Finanzpolster von 600 Millionen Euro in der Landeskasse. Die Haushaltsreserve sei damit fast doppelt so hoch wie die 330 Millionen Euro, die die Regierungskoalition bei ihrem Amtsantritt vor knapp fünf Jahren übernommen habe.

Auf einen Einwurf Mohrings, Rot-Rot-Grün könne die Ein-Stimmen-Mehrheit nur noch durch den der AfD zur SPD gewechselten Abgeordneten Oskar Helmerich sichern, reagierte Hey empört. Helmerich zeigte mit seiner Zustimmung zu dem Etat, der Kommunen und vielen Vereinen und Organisationen finanzielle Planungssicherheit gebe, mehr Verantwortung für das Land als Mohring, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

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