Warschau. In Warschau protestieren mehr als Hunderttausend Menschen gegen die Politik der nationalkonservativen PiS-Regierung. Die Hintergründe.

Am Sonntag sind mehr als hunderttausend Menschen in Polen gegen die Politik der nationalkonservativen Regierungspartei PiS auf die Straße gegangen. Dichtgedrängt zogen die Teilnehmer des Protestmarsches durch das Zentrum von Warschau.

Der frühere Regierungschef und Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform hatte zu dem Protest aufgerufen. Aber auch andere Oppositionsparteien schlossen sich an. Die Veranstalter sprachen von 500.000 Teilnehmern, die Nachrichtenagentur PAP berichtete unter Berufung auf inoffizielle Informationen der Polizei von 100.000 bis 150.000 Demonstranten.

Donald Tusk (3.v.l), Vorsitzender der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), Lech Walesa (2.v.r), ehemaliger Präsident von Polen.
Donald Tusk (3.v.l), Vorsitzender der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), Lech Walesa (2.v.r), ehemaliger Präsident von Polen. © Pawel Supernak/PAP/dpa

„Nein, die Demokratie wird in Polen nicht sterben. Es wird keine Ruhe einkehren. Wir werden laut schreien“, sagte Tusk vor den Demonstranten. Die Demonstranten wiederum trugen Plakate mit der Aufschrift „Europa, wir entschuldigen uns für die PiS“, „Abrakadabra – weg ist das PiS-Makaber“ und „PiS ins Pissoir“. An der Demonstration nahm auch der Friedensnobelpreisträger und einstige Chef der Gewerkschaft Solidarnosc, Lech Walesa, teil.

Polen: Hunderttausende demonstrieren gegen neues Gesetz

Das Datum der Demonstration wurde nicht willkürlich gewählt – der 4. Juni ist in Polen ein wichtiges Datum: 1989 fanden an diesem Tag die ersten teilweise freien Wahlen statt, ein Triumph der Demokratiebewegung und der Gewerkschaft Solidarnosc. Dieser Triumph leitete zugleich das Ende der kommunistischen Herrschaft ein.

Der Protest richtet sich außerdem gegen ein neues Gesetz, das die Einsetzung einer Untersuchungskommission zur russischen Einflussnahme vorsieht. Kritiker werfen der PiS vor, sie wolle mit diesem Gesetz Oppositionspolitiker wegen angeblicher Russlandfreundlichkeit an den Pranger stellen – und das wenige Monate vor der Parlamentswahl. Die Kommission soll prüfen, ob Amtsträger in den Jahren 2007 bis 2022 unter dem Einfluss Russlands Entscheidungen getroffen haben, die Polens Sicherheit gefährden.

Polnische Medien sprechen von einer „Lex Tusk“ – einem auf Tusk gemünzten Gesetz. Der Danziger war von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef und gilt als schärfster politischer Gegner von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Die PiS-Regierung wirft ihm vor, er habe unvorteilhafte Gasverträge mit Russland abgeschlossen. (dpa/fmg)

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