Erfurt. Die Grünen wollen mit einem Gutachten die Debatte zur Zukunft frühkindlicher Bildung anregen.

Thüringen braucht ein System, das die Qualität in den Kindertageseinrichtugungen belastbar ermittelt. Das geht aus einem Gutachten zur Zukunft der frühkindlichen Bildung hervor. Fundierte Erkenntnisse gebe es nicht, stellt Autorin Susanne Viernickel fest, sie seien aber eine Voraussetzung, um tragfähige Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Die Erziehungswissenschaftlerin von der Universität Leipzig hatte das Gutachten im Auftrag der Grünen-Landtagsfraktion erstellt. Denn eine langfristige Strategie zur frühkindlichen Bildung liege bislang nicht vor, konstatiert Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich. Angesichts der zu erwartenden pandemiebedingten knappen öffentlichen Kassen müsse die Priorität jetzt eindeutig auf der Qualitätsverbesserung liegen, so die Grünen-Politikerin. Mit dem Gutachten erhofften sich die Grünen den Auftakt einer intensiven Debatte zur Zukunft frühkindlicher Bildung im Land.

Der Befund: Mit Faktoren wie Bildungsplan, teilweise Beitragsfreiheit oder hohem Qualifikationsgrad des Personals ist Thüringen gut aufgestellt. Aber es gebe auch viele Schwachpunkte und Risiken. So gehöre auch der Blick auf die Gesundheit der Fachkräfte in den den Kitas zu den blinden Flecken im System. Das fast 150 Seiten starke Gutachten führt neben einer Bestandsanalyse auch Vorschläge auf.

Zu den zentralen Punkten gehört die schrittweise Verbesserung des Personalschlüssels. So betreut derzeit eine Erzieherin bis zu 16 Fünfjährige und bis zu 14 Vierjährige. Im Gutachten wird für Kinder ab drei Jahren ein Betreuungsverhältnis von 1 zu 9 vorgeschlagen. Dafür müssten etwa 3700 Erzieherinnen und Erzieher in die Kitas, das Land hätte jährlich 150 Millionen Euro aufbringen. Um das Betreuungsverhältnis zu verbessern, könne man auch demografische Effekte nutzen, indem man trotz prognostiziert weniger Kindern das Personal in den Einrichtungen hält. Kritisiert wird im Gutachten das komplizierte und zeitraubende System der Berechnung des Personalschlüssels, was auch von den Einrichtungen selbst immer wieder angemahnt wird.

Um mehr Fachkräfte in den Beruf zu bekommen, müsse das Modellprojekt der Praxisintegrierten Ausbildung verstetigt und in die Fläche ausgeweitet werden. Generell gebe es in der Zusammenarbeit zwischen Bildung und Paxis viel Luft nach oben, als ein Mangel wurden auch große Qualitätsunterschiede in den Ausbildungseinrichtungen festgestellt.

Derzeit kümmerten sich im Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm) drei Mitarbeiterinnen um die frühkindliche Bildung. Das entspreche nicht einmal ansatzweise dem Bedarf, begründet Astrid Rothe Beinlich den Vorschlag, ein Zentrum für frühkindliche Bildung einzurichten. Thüringen brauche einen solchen Kristallisationspunkt, wo auch Wissenstransfer, fachliche Vernetzung und ein Qualitätsmonitoring angesiedelt sein könnten.