Erfurt. Der Ministerpräsident reist am morgigen Samstag nach Hanoi. Begleitet wird er von der größten Delegation, die je von Thüringen ins Ausland reiste

Weil zunehmend Fachkräfte in Thüringen fehlen, will das Land deutlich mehr Lehrlinge aus dem Ausland nach Thüringen holen. Im Zentrum steht hier Vietnam. „Unser Ziel ist es mittelfristig, pro Ausbildungsjahr 1000 junge Vietnamesen ins Land zu holen“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dieser Zeitung.

Er kündigte an, die Sprachausbildung ausbauen zu wollen. „Die Vietnamesen erwerben zwar schon in ihrer Heimat Deutsch-Zertifikate“, sagte er. „Aber es zeigt sich, dass wir dann, wenn sie hier sind, nochmals nachhelfen sollten.“

Gleichzeitig warnte Ramelow vor „Menschenhandel“. Es dürfe nicht passieren, „dass die Familien der Azubis an wen auch immer große Summen zahlen, damit sie in das Programm kommen“. Die könne weder im Interesse von Thüringen noch von Vietnam sein.

Ramelow reist ab Samstag für eine Woche mit mehr als 100 Unternehmern und Hochschulvertretern nach Vietnam. Nach Angaben der Staatskanzlei ist es die größte Delegation, die jemals von einem Thüringer Ministerpräsidenten geleitet wurde. Begleitet wird er von Sozialministerin Heike Werner (Linke) und Wirtschaftsstaatssekretärin Valentina Kerst (SPD).

„Ich habe in meiner Regierungszeit so eine Eigendynamik wie bei dieser Reise noch nicht erlebt“, sagte er. „Ich bin positiv überrascht.“ Die Delegation fliegt zuerst nach Hanoi und reist Mitte der nächsten Woche nach Ho-Chi-Minh-Stadt weiter. Kerst wird später mit einem Teil der Unternehmer zusätzlich nach Singapur fliegen.

Auf dem Programm stehen Besuche in Unternehmen, Ausbildungsstätten und Hochschulen. Darüber hinaus sind Gespräche und Empfänge mit mehreren Ministern, aber auch mit Spitzenfunktionären der Kommunistischen Partei geplant.

Bereits jetzt werden Hunderte junger Vietnamesen in Thüringen in Handwerksberufen und der Gastronomie ausgebildet. In Südthüringen läuft ein Modellprojekt mit insgesamt 130 Azubis. Mehrere Unternehmer, die an der Reise teilnehmen, haben bereits Lehrlinge aus Vietnam in ihren Firmen.

Ende März war Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Ho-Chi-Minh-Stadt, wo er das „Deutsche Haus“ eröffnete, das nun auch Ramelow besuchen wird. Mit dem Bundesminister reiste der südthüringische Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann (CDU). Bei den Gesprächen ging es um den Aufbau eines Bildungscampus zur Ausbildung und Fachkräftegewinnung im früheren Saigon.

Die Thüringer Exporte nach Vietnam haben im vergangenen Jahr mit 63 Millionen Euro einen Höchstwert erreicht. Das Einfuhrvolumen lag bei 70 Millionen Euro. 41 Thüringer Unternehmen unterhalten Exportbeziehungen nach Vietnam.