Erfurt. Die Thüringer Linke erneuert beim Parteitag den Anspruch auf Fortsetzung von Rot-Rot-Grün. Kritik gab es an einer möglichen Machtkonzentration in der Partei.

Die Linke hat ihren Anspruch erneuert, die Koalition mit SPD und Grünen trotz fehlender Mehrheit fortzusetzen. „Wir werden eine Minderheitsregierung bilden“, sagte Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow beim Parteitag in der Erfurter Messehalle. Als stärkste Kraft habe die Partei jetzt auch die größte Verantwortung. Weil dem bisherigen rot-rot-grünen Bündnis vier Stimmen im Landtag fehlen, hätten SPD und Grüne bei den Gesprächen mit CDU und FDP eine Scharnierfunktion.

Hennig-Wellsow wiederholte ihre Forderung, den 8. Mai 2020 einmalig zum Feiertag zu erklären. Im 75. Jahr der Befreiung vom Nationalsozialismus solle man den Tag nutzen, um zu gedenken.

Ramelow: „Wir wollen regieren, wir können “

„Wir wollen regieren, wir können regieren, und mit eurer Hilfe werden wir regieren“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der amtierende Regierungschef sprach zu den gut 130 Delegierten per Videobotschaft, weil er mit seiner Frau auf dem Weg zu einem familiären Weihnachtsbesuch sei, wie Ramelow selbst sagte.

Ramelow will sich im Februar im Landtag zur Wahl zum Ministerpräsidenten stellen. Damit verbunden sei eine Regierungsbildung über fünf Jahre.

„Ich bin überzeugt, dass wir als Linke den Auftrag haben, von den Wählerinnen und Wählern Verlässlichkeit für Thüringen zu garantieren“, betonte er. Man sei gemeinsam in der Verantwortung auch für die Gemeinden, Städte und Landkreise Sicherheit zu schaffen. Es gehe unter anderem um mehr Lehrer und mehr Polizisten. „Wir müssen aufhören, auf dem Rücken des Personals im öffentlichen Dienst sparen zu wollen. Der Personalabbaupfad muss beendet werden und durch einen echten Personalentwicklungsplan ersetzt werden“, so der Regierungschef.

Der Parteitag will auch die linke Führungsmannschaft neu wählen. Für den Parteivorsitz tritt erneut Hennig-Wellsow an, die seit 2013 auch die Landtagsfraktion leitet. Die Vorstandswahl soll am späten Samstagnachmittag beginnen. Als Stellvertreter kandidieren wieder der Innenpolitiker Steffen Dittes sowie erstmals Sozialministerin Heike Werner.

Linke sieht sich als Volkspartei

Die Linke sieht sich nach ihrem Wahlerfolg als Volkspartei in Thüringen. Ende Oktober hatte die Partei von Ministerpräsident Bodo Ramelow erstmals in Deutschland mit 31 Prozent der Stimmen eine Landtagswahl gewonnen und die CDU in Thüringen als stärkste Partei abgelöst. „Als stärkste Kraft haben wir jetzt auch die größte Verantwortung“, sagte Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow am Samstag auf einem Landesparteitag in Erfurt. Das sei angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Landtag nur als Minderheitsregierung möglich. Der bisherigen rot-rot-grünen Koalition fehlen vier Stimmen im Landtag.

Auch eine heikle Personalie steht auf der Tagesordnung: Als Landesgeschäftsführer kandidiert Mathias Günther, der in seinem Bewerbungsschreiben eine „offizielle und inoffizielle Zusammenarbeit mit der Abteilung 2000 des Ministeriums für Staatssicherheit“ angibt. Günther gehe seit Jahren offen mit seiner Vergangenheit und seiner Stasi-Tätigkeit um, so ein Sprecher der Linken.

Delegierte kritisieren zudem mögliche Machtkonzentration bei den Linken

Einzelne Delegierte kritisierten, dass die Thüringer Linke-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow sich zur Wiederwahl stellt. Weil Hennig-Wellsow auch Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag ist, sei ihm rätselhaft, wie die Partei die Fraktion unter diesen Umständen kontrollieren wolle, sagte beispielsweise ein Delegierter am Samstag in Erfurt. Zuvor hatte bereits eine Delegierte erklärt, bei den Thüringer Linken werde die Trennung von Amt und Mandat nicht mehr ernst genug genommen. Die bisherige Parteiführung habe es versäumt, neue und junge Kandidaten für den neu zu wählenden Landesvorstand aufzustellen. Hennig-Wellsow führt die Thüringer Linken seit 2013, seit 2014 ist sie auch Fraktionsvorsitzende ihrer Partei. Sie will nun erneut in ihrem Amt bestätigt werden.

Gleichzeitig kritisierten Delegierte, die Linke habe in den vergangenen Jahren trotz ihrer führenden Rolle innerhalb des rot-rot-grünen Bündnisses nicht all das erreicht, was möglich gewesen wäre. Beispielsweise sei es fatal, dass die Gebietsreform gescheitert sei. Auch hätten Spitzenvertreter der Linken in Thüringen wie der Chef der Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff, sich zuletzt zu sehr an die Bundeswehr angenähert, hieß es mehrfach.