Erfurt. 30 Millionen Euro würde ein Thüringer Sonderticket für junge Leute jährlich kosten, hat das Infrastrukturministerium errechnet. Grüne und SPD sind nicht begeistert.

Das von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vorgeschlagene Sonderticket für junge Menschen sorgt für Kontroversen innerhalb der rot-rot-grünen Regierungskoalition. Grüne und SPD äußerten sich am Donnerstag in Erfurt angesichts des bundesweit geplanten 49-Euro-Tickets und notwendiger Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur kritisch. Sie reagierten auf Angaben von Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (Linke), wonach die Finanzierung eines landeseigenen 28-Euro-Tickets für junge Leute geprüft werde.

Das 49-Euro-Ticket, dessen Finanzierung zu gleichen Teilen von Bund und Ländern erfolgen soll, würde Thüringen laut Infrastrukturministerium etwa 34 Millionen Euro jährlich kosten. Für ein 28-Euro-Ticket müsste das Land Thüringen voraussichtlich weitere Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro aus der Landeskasse aufbringen.

Die Verkehrspolitikerin der Grünen-Fraktion, Laura Wahl, erklärte, für mehr Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) seien nicht nur günstige und einfache Tarife nötig, sondern das Angebot müsste besser und dichter werden. "Als bündnisgrüne Landtagsfraktion sind wir angesichts dieser Herausforderungen verwundert über die Ankündigung von Ministerpräsident Ramelow, prioritär ein zusätzliches 28-Euro-Ticket einführen zu wollen", sagte Wahl. Die Grünen verlangten, für jeden Euro in günstige Tarife mindestens einen Euro in den Ausbau des Bus- und Bahn-Angebots und in die Nahverkehrsinfrastruktur zu stecken.

Junge Menschen im ländlichen Raum machten immer wieder deutlich, dass ihr Problem nicht der Preis sei, sondern vor allem, dass am Wochenende meist überhaupt kein Bus fahre, so die Grünen-Abgeordnete. Viele Ankündigungen der Regierung wie ein Bahnknoten Jena oder die Reaktivierung von Regionalstrecken seien in den letzten Jahren praktisch nicht umgesetzt worden. Die Grünen schlugen einen Bus-Bahn-Pakt vor, der eine verlässliche und langfristige Finanzierungsperspektive für den ÖPNV in Thüringen schaffen solle.

Eher eine Absage an ein 28-Euro-Ticket kam auch vom SPD-Verkehrspolitiker Lutz Liebscher: "Wir brauchen jetzt keine Debatte, welche die Einführung des 49-Euro-Tickets im Frühjahr 2023 überlädt und damit verzögert." Viele Fragen dazu müssten durch das Ministerium mit den Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbünden geklärt werden. Gleichzeitig müssten neue Busse und Bahnen angeschafft, Oberleitungen, Schienen und Infrastruktur erneuert werden. "Ein Mobilitätsticket für junge Menschen wäre der zweite Schritt vor dem ersten", erklärte Liebscher. Laut Infrastrukturministerium wird geprüft, ob ein 28-Euro-Ticket durch einen Landeszuschuss zum bundesweiten 49-Euro-Ticket möglich gemacht werden kann.

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