Ingo Glase über den Charme des Dürüm.

Es ist ja immer schön, wenn große Illustrierte über oder -- noch besser aus -- Thüringen berichten. So wie jüngst, als extra zwei Kollegen nach Arnstadt reisten, um über das neue Batteriewerk zu berichten, welches chinesische Investoren dort errichten. Ihre Reportage aus der vermeintlichen Provinz schlossen sie mit dem Hinweis, dass sie die Thüringer Küche verschmähten und statt dessen von Dürüm-Döner lebten. Dieses Geständnis ließ mich ziemlich ratlos zurück. Sollte das witzig sein?

Selbst als zugezogener Thüringer (da das allerdings schon 47 Jahre zurückliegt, fühle ich mich schon als echter) erwachte sofort der Nationalstolz. Nichts gegen einen guten Dürüm-Döner, aber den türkischen Imbiss der Thüringer Küche vorzuziehen (noch dazu in deren Heimatland) fand ich irgendwie, na ja, hauptstädtisch überheblich. Klar, dort gehört Döner zum Kulturgut, so wie hier eben Bratwurst und Klöße. Und davon nicht zu probieren, ist in meinen Augen ein Frevel.

Ich finde nichts spannender, als in fremden Gefilden die dortige Küche zu probieren, neue Gewürze und neuen Geschmack kennenzulernen. Zumal auch in Arnstadt die ganze Bandbreite der Thüringer Küche angeboten wird: herzhaftes Frühstück mit Hackepeter und Bauernfrühstück im Südbahnhof, zünftiges Mittagessen mit wunderbarem Ausblick auf der Alteburg über der Stadt, traditionelle Kuchen im Altstadt-Cafe und rustikales Abendbrot mit selbst gebrautem Bier in der Stadtbrauerei.

Natürlich sind auch viele andere Gaststätten, Kneipen und Cafes der Stadt empfehlenswert, etwa die urige Kulisse oder das weltoffene Tanya Harding, benannt nach der kanadischen Besitzerin, die Thüringer Küche mit verschiedensten Einflüssen kombiniert. Aber Geschmack und Hunger kennen keine Grenzen: natürlich gibt es auch in Arnstadt chinesische und italienische Restaurants und Döner-Läden. Den besten Dürüm gibt es übrigens -- meiner Meinung nach -- in der Ohrdrufer Straße.