Nowa Kachowka. Die Wassermassen des Dnipro bedrohen nach der Sprengung eines Staudamms Tausende Menschen. Vor 80 Jahren gab es einen ähnlichen Fall.

Es sind bedrohliche Bilder aus dem südukrainischen Gebiet Cherson, die am Dienstagmorgen um die Welt gehen: Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms haben sich riesige Wassermengen Bahn gebrochen und fluten nun zahlreiche Ortschaften. Auch das Atomkraftwerk Saporischschja ist von der Sprengung betroffen.

Was wenig bekannt ist: Vor mehr als 80 Jahren, während des Zweiten Weltkriegs, ereignete sich in der Region bereits eine ähnliche Katastrophe: Am 18. August 1941 sprengte der sowjetische Geheimdienst NKWD den Damm am Saporischschja-Stausee, etwa 350 Kilometer weiter nordöstlich. Auch damals ergoss sich eine riesige Flutwelle aus dem aufgestauten Fluss Dnipro.

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1941 starben in dem Gebiet der heutigen Ukraine Tausende

Die Flutwelle überschwemmte zahlreiche Dörfer und Siedlungen, Zehntausende kamen ums Leben. Die genaue Opferzahl ist bis heute unklar – einige Schätzungen gehen in die Hunderttausende Tote. Diktator Josef Stalin soll die Sprengung damals veranlasst haben, um den Vormarsch der deutschen Wehrmacht zu stoppen.

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Ähnliche taktische Motive vermutet die Ukraine auch hinter dem aktuellen Ereignis. Sie wirft den russischen Truppen vor, den Staudamm gesprengt zu haben, um damit das Vorankommen der geplanten ukrainischen Großoffensive zu behindern – mit schwerwiegenden Folgen für rund 16.000 Menschen, die in der „kritischen Zone“ leben. Russland weist die Verantwortung für die Sprengung allerdings von sich. (ajs/heg)