Wien. Die Regierungskrise in Österreich spitzt sich zu. Vizekanzler Strache hat seinen Rücktritt angekündigt.

Ein Skandal erschüttert Österreich. Vizekanzler und Chef der rechtsextremen FPÖ, Heinz-Christian Strache, soll nach Angaben von „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“ vor der Nationalratswahl 2017 bereit gewesen sein, einer angeblichen russischen Oligarchin als Gegenleistung für Wahlkampfhilfe öffentliche Aufträge zuzuschanzen. Dies gehe aus heimlich erstellten Videoaufnahmen hervor, die den beiden Medien zugespielt worden seien. Strache hat angekündigt, zurückzutreten.

Auf dem Video sei zu sehen, wie die Runde bei einem Treffen am 24. Juli 2017 auf der Ferieninsel Ibiza die Möglichkeit einer Übernahme der einflussreichen „Kronen Zeitung“ durch die angeblich schwer reiche Frau auslotete. Bei dem Treffen habe es sich offenbar um eine Falle gehandelt. Die Zeitung könne – so Strache – im Fall einer Übernahme kurz vor der Wahl zugunsten der FPÖ Partei ergreifen.

Brisantes Strache-Video: Staatsaufträge gegen Wahlkampfhilfe

Strache sagt in dem Video, dass die FPÖ dann nicht mit 27, sondern 34 Prozent rechnen könne. Als Gegenzug für die Unterstützung sei zum Beispiel die Vergabe öffentlicher Aufträge an zu gründende Bau-Unternehmen der vermeintlichen Oligarchin denkbar. Die Frau habe sich als Nichte eines russischen Oligarchen ausgegeben und gesagt, sie wolle eine Viertelmilliarde Euro in Österreich investieren, berichten „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat das Video mit FPÖ-Chef Strache auf Twitter geteilt:

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Sie habe mehrmals angedeutet, dass es sich dabei um Schwarzgeld handeln könne. Trotzdem seien Strache und der heutige FPÖ-Politiker Johann Gudenus sechs Stunden lang bei dem Treffen sitzen geblieben und hätten über Anlagemöglichkeiten in Österreich diskutiert.

Strache und Gudenus räumten die Zusammenkunft gegenüber beiden Medien ein. Es sei ein rein privates Treffen in „lockerer, ungezwungener und feuchtfröhlicher Urlaubsatmosphäre“ gewesen, teilte Strache schriftlich mit. „Auf die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und die Notwendigkeit der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung wurde von mir in diesem Gespräch bei allen Themen mehrmals hingewiesen.“

Kanzler Sebastian Kurz will sich am Samstag zu Strache äußern

Das gelte auch für „allenfalls in Aussicht gestellte Parteispenden bzw. Spenden an gemeinnützige Vereine im Sinne der jeweiligen Vereinsstatuten“. „Im Übrigen“, so Strache, „gab es neben dem Umstand, dass viel Alkohol im Laufe des Abends gereicht wurde, auch eine hohe Sprachbarriere“.

Angesichts der plötzlich aufgeflammten Regierungskrise in Österreich will Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag über die Zukunft der Koalition mit der FPÖ entscheiden. Der Regierungschef werde sich auf einer gegen Mittag erwarteten Pressekonferenz äußern, hieß es aus Regierungskreisen.

Strache-Video: Staatsanwaltschaft prüft juristische Konsequenzen

Das brisante Video wird laut Zeitung „Kurier“ von der Staatsanwaltschaft auf juristische Konsequenzen hin geprüft. Es stelle sich die Frage, ob es sich nur um Gerede gehandelt habe oder es konkrete Hinweise auf ein strafbares Verhalten gebe, zitiert das Blatt einen Sprecher des Justizministeriums.

Die Justiz werde bei den beiden Medien um das gesamte, ungeschnittene Videomaterial bitten und dann die erforderlichen Schritte setzen, sagte der Sprecher weiter. Ob Ermittlungen eingeleitet würden, sei deshalb noch offen. Die Prüfung des Videos sei der erste Schritt.

Die „Süddeutsche Zeitung“ betonte allerdings schon, dass sie die Originalaufnahmen nicht zur Verfügung stellen werde. Aus Gründen des Quellenschutzes mache man keine Angaben über die Herkunft. Leila Al-Serori von der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte im ORF-Fernsehen, dass man das Video bereits vor Monaten angeboten bekommen habe. Das Material sei dann vor einigen Wochen in einem verlassenen Hotel auf USB-Sticks übergeben worden.

Satiriker Jan Böhmermann kannte das Strache-Video offenbar schon

Auch dem deutschen Satiriker Jan Böhmermann seien die Aufnahmen angeboten worden, sagte Leila Al-Serori. Dieser habe den Fall jedoch nicht weiter recherchiert.

Allerdings deutete Böhmermann den Inhalt bereits im April an. Bei der Romy-Verleihung sprach Böhmermann offenbar über das Video. Bei einer eingespielten Videobotschaft sagte der Satiriker, dass er sich den Preis nicht persönlich abholen könne, weil er „gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza rumhänge“. Und am Donnerstag sagte er im „Neo Magazon Royal“: „Kann sein, dass morgen Österreich brennt.“